Terrorpeutische Turnübungen

Zweibrücken · Alice Hoffmann begeistert als „Es Hilde“ die 120 Zuschauer in der neuen Zweibrücker ACE-Eventhalle.

 Nordic Walking mit Straßenkehrbesen: Alice Hoffmann in der Eventhalle. Foto: Marco Wille

Nordic Walking mit Straßenkehrbesen: Alice Hoffmann in der Eventhalle. Foto: Marco Wille

Foto: Marco Wille

Begleitet von einer Fanfare aus Trompeten und Paukenschlägen bahnt sich pünktlich um 20 Uhr die Hauptdarstellerin ihren Weg durch die Sitzreihen. Selbst etwas erschrocken von den lauten Trommelschlägen, steht sie dann auf der Bühne: Rot lackierte Fingernägel, eine beige Strickweste, ein brauner Filzhut über der silbergrauen Perücke und ihr Markenzeichen: die längs gestreifte Kittelschürze in blau und grau.

Alice Hoffmann, bekannt geworden als "Es Hilde" in "Familie Heinz Becker", gastierte am Samstag in der Zweibrücker ACH-Eventhalle. Es war dort die erste Comedy-Veranstaltung. Die 120 Gäste im Publikum wurden von der Blödeldame bestens unterhalten. Alice Hoffmann verkörperte ihre Figur "Es Hilde" in ihrem neuen Soloprogramm "Zeichen der Zeit", wie man sie kennt. Etwas verpeilt, unsicher, schüchtern - aber trotz alle dem einfach alles geradeaus sagend, ohne genauer darüber nachzudenken, präsentierte sie ihre Weltfremdheit.

Dabei herausgekommen sind immer wieder Wortverdreher, die das Publikum zum Lachen brachten. So zum Beispiel, als sie auf die Flüchtlingssituation zurückblickte, ihr das Wort Migrant aber erst einfiel, als sie sich ihre Eselsbrücke aus "Migräne" und "Trabant" wieder in Erinnerung rief.

Die wichtigste Frage stellte Alice Hoffmann in den Anfangsminuten und konnte dabei "puh"-durchatmen: Es sind keine Niedersachsen im Raum und sie kann in ihrem Saarländisch weitermachen. Sie nimmt sich ein Thema nach dem anderen heraus, was sie mit Alltagssituationen, ohne sprunghaft zu wirken, immer galant überleitet. Die Flüchtlingskrise, Pegida, Angelina Jolie und Brad Pitt oder von deutscher Kultur berichtet sie, während sie am Bügelbrett beschäftigt ist. "Bei uns darf jeder alles, egal ob er will oder nicht", erklärt sie unter dem Publikumslachen über Probleme in der deutschten Mentalität. Wer daran schuld sei, das wisse sie auch nicht. Die Beamten jedenfalls nicht, gibt sie sich sicher. "Immer auf die Beamten, aber die haben jetzt wirklich nichts gemacht", sorgt sie wieder für Erheiterung und Applaus. Sie berichtet auch von ihrer Zeit nach der Scheidung von ihrem Ehemann. Sie habe immer gedacht, wenn man sich trennt, müsse man als Frau sterben ohne Mann im Haus. Dabei hat sie gemerkt: "Es geht die Sonne auf!" Mittlerweile pflege sie zu ihrem neuen Freund ein "Bums-Verhältnis". "Immer wenn ich ein Problem habe, dann rufe ich ihn an und bums steht er vor der Tür", berichtet die Ulknudel, während die Zuschauer sich krümmen vor Lachen. "Und sein eigenes Gerät zum Arbeiten hat er dann auch noch dabei", fügt sie schelmisch blickend an.

Politik und Gesundheitswesen bekommen ihr Fett natürlich auch noch ab. "Turnen bis zur Urne", müsse man bald. Dabei könne man als 60-Jährige immer noch so tun wie eine 40-Jährige - eben nur eine halbe Stunde am Tag. Hilde, die bis dato die meiste Zeit nur auf einem Fleck auf der Bühne steht und einen gefühlten Radius von ein mal ein Meter benötigt, um zu agieren, nutzt zum Ende des ersten Programmteils nun die ganze Showbühne. Sie führt Turnübungen, die ihr "Terrorpeut" angeordnet hat, mit allgemein bekannten Haushaltsübungen vor. Nordic-Walken mit Straßenkehrbesen, Bauchübungen mit der Teigrolle, Po-Streckübungen beim Kartoffelschälen, Bizeps-Training mit dem Bügeleisen und zuguterletzt kommt sie Hüfte kreisend und Arme schwenkend so richtig in Wallung, wenn sie am Bügelbrett Samba-Musik hört. Auf das Publikum geht Alice Hoffmann immer wieder ein und spricht es direkt an. Zur Wiederholung der Samba-Tanzeinlage am Bügelbrett schafft sie es sogar, dass sich die Zuschauer von ihren Stühlen erheben und mittanzen.

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Alice Hoffmann wurde 1951 in Koblenz geboren und wuchs in der Nähe von Köln auf. Im Alter von 14 Jahren kam die heutige Schauspielerin, Autorin und Komikerin ins Saarland, wo sie später in Neunkirchen das Abitur machte und an der Hochschule für Musik und Theater in Saarbrücken ein Schauspielstudium absolvierte. Bekannt wurde in ihrer Rolle als "Hilde" in der Fernsehserie "Familie Heinz Becker". Außerdem ist sie als "Vanessa Backes" (Schreinerei Fleischmann) bekannt, aus dem Saar-Tatort und als Moderatorin im SWR-Fernsehen neben Detlev Schönauer. Sie hat zwei eigene Kinder, einen Adoptivsohn und zwei Pflegetöchter. Neben dem saarländische Dialekt spricht die Mitbegründerin des Kinder- und Jugendtheaters "Überzwerg", sechs Fremdsprachen.

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