Zweibrücken Aufarbeitung der Nazi-Zeit in Zweibrücken

Zweibrücken · (fro) Am Donnerstagabend im Foyer des Zweibrücker Schlosses, in dem sich das Oberlandesgericht befindet, waren vier Herren angetreten, sich der Vergangenheit der Juristerei im Dritten Reich und den Fragen der Zuhörer zu stellen: OLG-Präsident Bernhard Thurn, Generalstaatsanwalt Martin Graßhoff, Landesarchivleiter Walter Rummel und Thomas Grotum, Historiker an der Universität Trier.

 Im Oberlandesgericht auf dem Podium, von links: Bernhard Thurn, Walter Rummel, Thomas Grotum und Martin Graßhoff.

Im Oberlandesgericht auf dem Podium, von links: Bernhard Thurn, Walter Rummel, Thomas Grotum und Martin Graßhoff.

Foto: Margarete Lehmann

Damaliger Präsident des OLG war Karl Siegel. Generalstaatsanwalt Heinrich Welsch. Siegel begann seine Karriere an verschiedenen Gerichten in Bayern, vornehmlich in München und bekam sie abrupt beendet in Zweibrücken: Er wurde am Kriegsende verhaftet, Untersuchungen brachten aber keine gravierenden Unrechtstaten zu Tage. Er wurde ohne Sühnemaßnamen entlassen und wenig später in den Ruhestand versetzt. Zur Euthanasie sagte er: „Ach, nur Unheilbare werden getötet.“ Im Übrigen sagte er aus, von diesen Morden in seinem Bereich nichts gehört und gewusst zu haben.

Welsch war da ein noch grausamerer Scherge der Nazis, glühender Nationalsozialist, doch nach dem Kriege glatt entnazifiziert und unter anderem Ministerpräsident im Saarland. Grotum hat den Entnazifizierungsvorgang durchforscht Er strotzt nur so vor grotesken Ungereimtheiten, alles wird zum Vorteil der Unschuld verändert. Die Justiz im Salto rückwärts. Auch Graßhoff spricht harte Worte. Alle in der Runde sind sich natürlich einig. „Ohne Mithilfe der Justiz wäre die Nazizeit so nicht möglich gewesen!“

Einige interessante Fragen aus dem Publikum wurden gestellt: Was haben Juristen nun aus allem gelernt, vor allem gegen Extremismus von links und rechts? Das sei eine gesellschaftspolitische Aufgabe, keine juristische, so die Antwort. Und was ist mit dem Urteil im Künast-Prozess? Meinungsfreiheit ist oberstes Prinzip unserer Demokratie. Wobei man natürlich durchaus anderer Meinung über das Urteil sein könne, wurde betont. Im Übrigen: 2018 wurde dem entnazifizierten Nazi Welsch endlich der Titel: Erster „Ehrensenator der Universität des Saarlandes“ aberkannt. Also: Ein Lernprozess ist möglich.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort