Auf Sand gebaut

Jesuino ist konzentriert. Er scheint das Treiben um sich herum gar nicht mitzubekommen.

 Strandkünstler Jesuino bei der Arbeit. Foto: Gab

Strandkünstler Jesuino bei der Arbeit. Foto: Gab

Foto: Gab

Die aufgeregt schreienden Kinder, die immerzu ihre Ware anpreisenden Straßenverkäufer, die tosenden Wellen. In sich versunken taucht er seinen Pinsel in einen mit blauer Farbe gefüllten Plastikbecher und versieht ein überdimensionales Gürteltier aus Sand über der Nase mit einem blauen Panzer. Das vom Aussterben bedrohte Tier hat unter dem Namen Fuleco als Maskottchen der Fußballweltmeisterschaft 2014 weltweit Berühmtheit erlangt. 15 Tage habe es gedauert, bis Fuleco, das Fifa-Logo und die Sandburg daneben fertig gestellt waren. Die Sandburg hat wenig mit der Fifa zu tun, aber viel mit Jesuino. Sie ist sein Lieblingskunstwerk. Und, sie ist zeitlos. Und daneben entsteht in tagelanger Fleißarbeit das, was in Rio und der ganzen Welt gerade auf dem Eventplan steht. Ein kolumbianischer Freund habe ihm und seinem Freund Rojean diese Arbeit beigebracht, erzählt er. Das Kunsthandwerk ist aus Sand und Sike, einem Fixiermittel, auf das Jesuino große Stücke hält, weil es aus ein paar Sandkörnern Baumaterial macht, das unempfindlich gegen jegliche Witterung ist. Ich hätte den 52-Jährigen locker zehn Jahre älter geschätzt. Vielleicht, weil er im Gegensatz zu seinen Kunstwerken ohne chemischen Protektor tagtäglich Sonne, Wind und Regen ausgesetzt ist. Und das seit 15 Jahren. Jesuino hat vor die Sandburg ein weißes Schild gestellt, auf dem steht: "Arte na Areia. Tire sua foto e colabore" - "Umgebungskunst. Schießen Sie Ihr Foto und hinterlassen Sie eine Spende". Zahlreiche Touristen bleiben täglich an Jesuinos Kunstwerken aus Sand stehen. Und, sie beteiligen sich gerne mit ein paar Münzen. An manchen Tagen holt er am Abend bis zu 200 Reais aus dem runden Plastikbehälter neben dem Schild, umgerechnet etwa 70 Euro. Er könne davon leben, erzählt er. Keine großen Sprünge machen, aber es gehe ihm gut. Das Geld, das er in der Hochsaison verdient, muss auch für die restlichen Tage im Jahr reichen. Jesuino lebt in Caxias, einem Vorort von Rio. Doch sein wahres Zuhause ist der kleine Strandabschnitt. Sogar nachts kann man ihn oder Rojean in wechselnden Schichten dort antreffen. Die beiden Freunde bewachen ihre Arbeit 24 Stunden, da es immer wieder Ärger gibt mit Betrunkenen oder anderen Ruhestörern, die sich auf das Kunstwerk setzen oder es einfach nur mutwillig zerstören wollen. Manchmal ruft auch jemand die Polizei, weil es ihm schlichtweg nicht passt, dass da jemand soviel Platz am Strand in Anspruch nimmt. Mit den Polizisten ist José aber längst befreundet. Wer will auch etwas sagen gegen diesen besonderen Blickfang für Touristen.

Sabrina Gab, 35, geboren und aufgewachsen in Zweibrücken, reiste ein Jahr um die Welt, bevor sie Rio de Janeiro als neues Zuhause wählte. Dort lebt und arbeitet die ausgebildete Journalistin und Yogalehrerin seit zwei Jahren mit ihrem Partner und dem gemeinsamen Sohn Noah.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort