Ablauf von Dopingtests Strenge Kontrollen für einen sauberen Sport

Zweibrücken · Ein Experte der Nationalen Antidoping-Agentur und eine Ärztin erläutern, wie Dopingkontrollen bei Athleten ablaufen, welche Herausforderungen es zu meistern gilt – und wie sich Sportler aus dem Raum Zweibrücken bei Überprüfungen so schlagen.

 Dr. Annette Claus.

Dr. Annette Claus.

Foto: Nationale Anti Doping Agentur

Morgens Köln, abends London: Annette Claus muss ganz schön spontan sein: Denn als Kontrolleurin, die bei der Firma PWC (Professional Worldwide Controls GmbH) im Auftrag der Nationalen Anti Doping Agentur (Nada) Dopingkontrollen bei Athleten durchführt, kommen ihre Aufträge schon mal sehr kurzfristig. „Es kann sein, dass ich morgens angerufen werde und nachmittags oder abends eine Kontrolle durchführen soll“, so Claus. Sie nimmt als Ärztin für die Nada Urin- und Blutkontrollen bei Athleten. Je nach Auftrag beides oder nur eines davon. Die Kontrollen werden von ihr vorbereitet. Für Blutproben benötigt sie beispielsweise eine Kühlbox. Dann schaut sie via Adams (ein System, in dem die Athleten ihren Aufenthaltsort immer detailliert angeben müssen), wo der zu kontrollierende Athlet sich gerade aufhält – und wie sie schnell zu ihm findet. Etwa via Flugzeug ins ausländische Trainingslager. Denn die Bahn sei da nicht flexibel genug. Wobei – zu den Vielfliegern – also den Kollegen, die vor allem im Ausland unterwegs sind – zählt Claus nicht. Der Beschreibung „Manchmal-Flieger“ stimmt sie lachend zu. Ihre Testpersonen sind meist im Inland.

Doch unangenehme Situationen lassen sich dabei nicht immer vermeiden. Sei es, wenn der Athlet eine Klausur schreibt, einen Arzttermin hat oder auch ein Gespräch beim Motivationstrainer ansteht. Die Kontrolleure dürfen den Athleten nach dem Anti-Doping-Regelwerk aber nach Aufforderung zur Kontrolle nicht mehr aus den Augen lassen. Claus: „Wir müssen uns dann so hinsetzen, dass wir den Athleten sehen.“ Um von sensiblen Gesprächen nichts mitzubekommen, ziehe sie sich Musik auf die Ohren. Kontrollen könnten sich auch hinziehen, wenn der Athlet unmittelbar vor Beginn noch auf der Toilette war. „Dann dauert es, bis die geforderte Menge an Urin abgegeben werden kann. Aber nur unangekündigt ergibt die Kontrolle Sinn“, so Claus.

Stefan Trinks, Leiter des Nada-Dopingkontrollsystems, übernimmt gemeinsam mit seinem Team die Planung der Kontrollen bei deutschen Sportlern. Das Kontrollsystem basiert darauf, überraschend zu kontrollieren, so dass keine Muster erkennbar sind. Er sieht es durchaus positiv, wenn die Athleten sich nicht immer über eine Kontrolle freuen – sei doch dann der Überraschungseffekt da gewesen. Er ergänzt, dass ein Hinterherreisen etwa bei Skilangläufern, die von Woche zu Woche an anderen Orten Wettkämpfe bestreiten, manchmal nötig sei. Bisweilen beauftrage die Nada aber auch Partner im Ausland, um Proben zu ziehen.

Bevor ich in dem Bereich angefangen habe, dachte ich, die Athleten würden bei den Kontrollen genervt sein. Das ist fast nie so. Sie sind sportartunabhängig in den allermeisten Fällen sehr freundlich“, schildert Claus. Sie wüssten, dass die Kontrollen notwendig seien. Viele Athleten gäben die durchgeführten Kontrollen sogar auf ihren Websites an: „Dass sie kontrolliert wurden, sollen auch andere sehen. Sie gehen da zum großen Teil sehr offen mit um“, sagt die Kontrolleurin.

Wie die Tests abzulaufen haben, sei genau vorgeschrieben, etwa „wer den Urinbecher anfasst, was die Kontrolleure machen, was der Athlet. Das Vorgehen kennen die Sportler, können sich darauf verlassen und bestehen auch darauf.“ Es habe in der Vergangenheit „immer Versuche zu manipulieren“ gegeben, ergänzt der Nada-Verantwortliche Trinks. Aber: Dem Benutzen von Attrappen menschlicher Geschlechtsteile mit einem Katheter etwa sei durch die Sichtkontrolle ein Riegel vorgeschoben: „Die Athleten müssen sich bei der Sichtkontrolle freimachen vom Knie bis zur Brust und der Kontrolleur bestätigt, dass der Urin aus dessen Körper kommt.“ Die Blutprobe oder der Urin aus dem Becher werden geteilt – in eine A- und eine B-Probe. Fällt der Test einer A-Probe positiv aus, so hat der Athlet das Recht auf die Öffnung der B-Probe.

Haben die Kontrolleure ihre Proben genommen, werden diese an ein von der Welt Anti-Doping Agentur (Wada) akkreditierte Labore geschickt. „Das geht sehr schnell“, resümiert Claus. Es sei genau zeitlich vorgegeben, wie schnell die Proben bei einem Wada-akkreditierten Labor eingereicht werden müssten – dies sei auch für die Planung von Auslandsreisen wichtig. „Ich kann nicht montags Blut abnehmen und dann drei Tage am Strand bleiben, ehe ich zurückfliege. Das Material muss erst ins Labor geschickt oder gebracht werden“, erklärt die Kontrolleurin.

Grundsätzlich hängt die Planung der Kontrollen von einem Dopingkontrollplan ab. Die Sportarten werden von der Nada mit unterschiedlichen Risiken bewertet. Rad-, Ausdauer- oder Kraftsport wie etwa Gewichtheben haben dabei eine höhere Risikobewertung als etwa Segeln oder Darts – weil das physiologische Risiko der Sportart (wie viel mehr Leistung lässt sich jeweils durch einen Doping-Stoff herauskitzeln) geringer ist und man damit weniger Geld verdienen kann. Aus der Risikobewertung heraus erstellt die Nada drei sogenannte Testpools. Im obersten Testpool befinden sich 400 bis 600 international agierende Athleten wie Olympia-Starter. Daneben gibt es den sogenannten Nationalen Testpool mit rund 1500 Sportlern und den sogenannten Allgemeinen Testpool, in dem sich alle Bundeskaderathleten befinden, die nicht bereits Mitglied des obersten Testpools oder des Nationalen Testpools sind. Dabei handelt es sich oftmals um Nachwuchssportler. Es gibt auch einen Mannschafts-Testpool, in dem etwa alle Akteure der 1. Fußball-Bundesliga und weitere Mannschaftssportarten erfasst sind.

Die Nada erlässt laut Stefan Trinks keine Vorschriften, wie oft und wie viel vor einer Weltmeisterschaft getestet werde. Dies obliegt der intelligenten Kontrollplanung und den Kontrollplanern der Nada. Man fahre aber zum Beispiel vor Olympischen Spielen ein Kontrollprogramm in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB), bei dem geregelt ist, dass die Olympiateilnehmer mindestens einmal vor den Spielen kontrolliert werden. Wann und wie oft genau entscheidet ausschließlich die Nada. Eine Tendenz, in welchen Sportarten am meisten gedopt werde, gebe es nicht. „In jeder Sportart besteht ein Risiko. In den jeweiligen Jahresberichten werden die Sportarten mit möglichen Verstößen gegen Anti-Doping-Bestimmungen aufgelistet. Die Liste der verschiedenen Sportarten ist relativ lang, es wird deutlich, dass Verstöße sich nicht nur auf wenige Sportarten beschränken“, so Trinks.

Und welche Erfahrungen haben die beiden bisher mit Athleten aus dem Raum Zweibrücken gemacht? Konkrete Namen dürfen sie hier nicht nennen. Aber: „Ich habe schon in der Gegend um Zweibrücken Kontrollen durchgeführt. Diese liefen genauso freundlich ab, wie es sein muss“, schildert Kontrolleurin Claus ihre regionalen Erfahrungen. Wie viele Athleten aus Zweibrücken wie Raphael Holzdeppe oder Christin Hussong sie schon testen musste, wird sie indes nicht genau sagen. „Wir differenzieren nach den Testpools und untergeordnet nach Postleitzahlengebieten, die bundes- bzw. weltweiten Wirkungsstätten sind für uns wichtig“, so Trinks.

 Stefan Trinks.

Stefan Trinks.

Foto: Nada
 Auch Zweibrücker Spitzensportler wie Raphael Holzdeppe oder Christin Hussong kommen um unangekündigte Dopingkontrollen der Nada nicht herum. Diese laufen aber zumeist unproblematisch ab.

Auch Zweibrücker Spitzensportler wie Raphael Holzdeppe oder Christin Hussong kommen um unangekündigte Dopingkontrollen der Nada nicht herum. Diese laufen aber zumeist unproblematisch ab.

Foto: dpa/Gero Breloer

Da die Kontrolleure nur den Namen und Aufenthaltsort kennen, wissen sie nicht immer, wer wo wohnt. Manchmal seien sie etwa nur für ein Trainingslager in der Gegend. Dazu komme, dass die Kontrolleure stets in verschiedene Regionen geschickt würden, damit zwischen ihnen und den Athleten kein zu enges persönliches Verhältnis entstehe.

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