Hallen-DM in Leipzig Neues Jahr – Neue Impulse – Alte Stärke?

Zweibrücken/Paderborn · Sprinterin Sina Mayer vom Leichtathletikzentrum Zweibrücken startet am Samstag bei den Deutschen Hallenmeisterschaften.

  (Fast) Kopf-an-Kopf mit den Schnellsten in Europa. Sina Mayer (rechts) beim Internationalen Stadionfest in Berlin neben dem deutschen Sprint-Star Gina Lückenkemper (Mitte) und der Siegerin Kristal Awuah.

(Fast) Kopf-an-Kopf mit den Schnellsten in Europa. Sina Mayer (rechts) beim Internationalen Stadionfest in Berlin neben dem deutschen Sprint-Star Gina Lückenkemper (Mitte) und der Siegerin Kristal Awuah.

Foto: dpa/Soeren Stache

Führt man ein Gespräch mit Sina Mayer, klingt die Sprinterin vom Leichtathletikzentrum (LAZ) Zweibrücken durchweg lebhaft, optimistisch und beinahe ansteckend fröhlich. Selbst dann, wenn Mayer über ihr verflixtes Sportjahr 2018 sprechen soll. Zwölf Monate, die wie ein bitteres Kontrastprogramm erscheinen. Im Vergleich zu Mayers Topjahr 2017, in dem der 23-Jährigen der Durchbruch an die nationale Spitze gelang: Fünftschnellste Frau Deutschlands, Bronzemedaille bei der U-23 EM in Polen und eine 100-Meter-Zeit von 11,25 Sekunden, die auch bei der internationalen Sprintelite für anerkennendes Kopfnicken sorgte. Sina Mayers Stern strahlte 2017 hell. Doch mit dem Jahreswechsel klebten Pech und Enttäuschungen der 23-Jährigen wie treue Begleiter an den Hacken. Aufgrund einer hartnäckigen Erkältung musste Mayer die Hallensaison nach nur einer Veranstaltung abbrechen. Im Sommer kam sie lange nicht in Tritt – und an ihre Rekordzeit aus dem Vorjahr nicht mehr heran. Die bittere Konsequenz: Die Heim-EM im vergangenen August in Berlin (Mayer 2017: „Das ist mein großes Ziel. Darauf ist alles fokussiert“) fand ohne sie statt. „Klar war ich enttäuscht, aber nicht am Boden zerstört. Ich habe auch aus dem Jahr 2017 viel mitnehmen können, habe viel gelernt“, sagt sie. Und klingt dabei kein bisschen bitter.

Denn angesichts der verpassten Ziele Trübsal zu blasen oder in Selbstmitleid zu zerfließen, kam für Mayer nicht in Frage: „So ist das eben im Sport. Es gibt nicht nur Höhen. Aber gerade wenn es nicht läuft, muss man dranbleiben. Und wenn man das Gefühl hat, auf der Stelle zu treten, muss man neue Impulse setzen.“ Und genau das tat Mayer. Sie startet weiter für das LAZ Zweibrücken. Ihr Trainingsmittelpunkt liegt aber seit Herbst letzten Jahres beim LC Paderborn. In Nordrhein-Westfalen hat sie im Dezember ein WG-Zimmer bezogen. Beim LCP ist sie unter Übungsleiter Thomas Prange Mitglied der starken Trainingsgruppe um Tatjana Pinto, der zweimaligen deutschen Meisterin über die 100 Meter. Ihr Bachelorstudium in Saarbrücken (Prävention und Gesundheitsmanagement) hat Mayer nebenbei mit der Note 1,0 abgeschlossen.

Den Tapetenwechsel hat die Sprinterin nicht vollzogen, weil sie sich beim LAZ nicht mehr wohlgefühlt hätte. Im Gegenteil. Sondern deshalb, „weil ich in Zweibrücken im Training meistens die einzige im Startblock war.“ Sie erklärt: „In Paderborn ist die Konkurrenz bei den Einheiten groß. Wenn man sich gegenseitig pushen kann, gibt man noch einmal ein paar Prozent mehr.“ Die Umstellung scheint erste Früchte zu tragen. Beim Internationalen Stadionfest (ISTAF) in Berlin zog Mayer Anfang Februar über die 60 Meter in der starken Zeit von 7,39 Sekunden ins Finale ein. Dort trat sie gegen namhafte internationale Konkurrenz an und wurde Sechste. Den Sieg holte die Britin Kristal Awuah. Deutschlands derzeit beste Sprinterin Gina Lückenkemper wurde Dritte. „Ich wusste, dass ich schneller als 7,4 Sekunden laufen kann, das hat sich im Training abgezeichnet. Die Atmosphäre in Berlin und dann auch noch das Finale – einfach genial“, freut sich Mayer über ihrem Auftritt in der Berliner Mercedes-Benz Arena.

In einer noch berühmteren Berliner Sportstätte – dem Olympiastadion – war sie ein halbes Jahr zuvor. Wenn auch nur als Zuschauerin bei der Heim-EM, um ihre deutschen Sprint-Kolleginnen zu unterstützen. Mit der Berlinerin Lisa Marie Kwayie, die bei den Titelkämpfen bis ins Halbfinale vorstieß, sei sie sehr gut befreundet, sagt Mayer: „Ich habe mich riesig mit ihr gefreut und bin nach ihrem Lauf runter auf die Bahn und habe sie gleich umarmt.“

Wenn am Samstag um 16.52 Uhr das Halbfinale über 60 Meter bei den Deutschen Meisterschaften beginnt, wird Mayer keine Zuschauerin mehr sein – sondern selbst ins Geschehen eingreifen. Doch die Konkurrenz ist gewaltig. Neben Kwayie wird auch Rebekka Haase an den Start gehen, die die 60 Meter dieses Jahr bereits in 7,23 Sekunden gelaufen ist.

„Die Leistungsstärke im Sprint der Frauen ist heute so stark wie vielleicht noch nie. Gina ist eine, die ein bisschen vorne weg läuft, aber hintendran gibt es zehn bis zwölf Frauen, die die EM-Norm drauf haben“, erklärt Mayer. Sie ergänzt: „Früher ist man bei Olympia teilweise mit einer Zeit von 11,4 Sekunden über 100 Meter noch in die Staffel gerutscht – heute ist das unvorstellbar.“

Allzusehr unter Druck setzt sich die 23-Jährige aktuell nicht. Auch weil sie seit zwei Jahren keine Hallensaison mehr absolviert hat. 2018 setzte sie die Erkältung außer Gefecht. Davor musste sie wegen einer Verletzung passen.

Eine konkrete Zeit, die sie in diesem Jahr über die 100 Meter anpeile, habe sie nicht, sagt Mayer. Dass ihr persönlicher Rekord von 11,25 Sekunden eine Bürde sei, weil aktuelle Leistungen ständig in Relation zu ihrer Bestmarke gesetzt würden, hält sie aber für Quatsch. „Im Gegenteil. Das motiviert mich viel mehr. Jetzt weiß ich doch, dass ich die Zeit drauf habe – und wo ich wieder hin will.“

Und wo will Sina Mayer in diesem Jahr noch hin? „Die WM in Doha im September habe ich im Hinterkopf“, sagt sie. Und klingt dabei äußerst optimistisch – und beinahe ansteckend fröhlich.

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