Theater in der Direktionsetage

Saarbrücken. Selten war das Saarländische Staatstheater so um positive Außenwirkung bemüht wie heute. Promi-Köche und -Esser werben plakativ für die Bühne und ihre Ausweichquartiere, wenn von April an das Große Haus saniert wird. Selten aber machte das Theater so schlechte Schlagzeilen wie jetzt

Saarbrücken. Selten war das Saarländische Staatstheater so um positive Außenwirkung bemüht wie heute. Promi-Köche und -Esser werben plakativ für die Bühne und ihre Ausweichquartiere, wenn von April an das Große Haus saniert wird. Selten aber machte das Theater so schlechte Schlagzeilen wie jetzt. Zuletzt war das vor knapp zehn Jahren so, als der Bühne von der CDU-Landesregierung Kürzungen diktiert wurden.Diesmal aber kommt der Druck von innen. Die Stimmung sei bedenklich, hört man aus dem einst harmonieverwöhnten Theater. Und in der Direktionsetage gebe man oft Problemstücke. Dabei ist der Schlagabtausch zwischen Generalintendantin Dagmar Schlingmann und Ballettchefin Marguerite Donlon bloß das Pikanteste. Das Haus verliert bald auch seinen Generalmusikdirektor. Toshiyuki Kamioka zieht es nach Wuppertal, wo man ihm den roten Teppich ausrollt. Allzu nachhaltig fielen die Versuche, den glänzenden Dirigenten hier zu halten, freilich nicht aus. Dazu kommt, dass auch Neu-Operndirektorin Brigitte Heusinger bislang kaum wahrnehmbar ist - und von einer rauschenden Opernsaison kann bis dato auch keine Rede sein. Vor allem belastet aber die Auseinandersetzung zwischen Schlingmann und Donlon das Theater. Und dass die Choreografin nun an ihrer Chefin vorbei mit Kultusminister Ulrich Commerçon (SPD) quasi die Ausgründung ihrer Sparte verhandeln wollte, treibt die Chose auf die Spitze.

Das zeigt aber auch, dass man bei Donlon und Schlingmann kaum noch auf gedeihliche Zusammenarbeit hoffen darf. Zu unterschiedlich sind die Charaktere, zu verschieden die Erwartungen. Die eine will ihre Company nicht den Zwängen eines Dreispartenhauses unterordnen. Die andere muss eben diese Sparten-Wünsche austarieren. Und übersieht dabei, dass Erfolg auch Ansprüche begründet. Donlon ist nicht bloß Publikumsliebling. Ihr Name ist der funkelndste am Theater. Müsste man diesen Star nicht mehr pflegen? Dies steht aber konträr zu Schlingmanns Überzeugung, das Staatstheater als echtes Dreispartenhaus zu führen und nicht als Agentur, die Bühnen für Ballett- oder Opern-Größen zur Verfügung zu stellen hat. Und so sieht das auch der Kultusminister.

Unterm Strich also ein absehbares Ende für die Ära Donlon? Das wäre schmerzlich, gewiss, aber auch kein Untergang fürs Staatstheater. Bei allem Jubel über Donlons Tun, auch zu Zeiten Birgit Scherzers war das Tanztheater in Saarbrücken klasse. Diese lockte etwa in der Spielzeit 97/98 19 569 Besucher ins Ballett. Bei Donlon kamen in der vorletzten Saison 21 826 Gäste (bei vergleichbarer Produktionszahl). Ein Plus für Donlon, aber noch keine andere Dimension.

Ja, das Saarländische Staatstheater steckt derzeit in einer schwierigen Situation. Und Schlingmann muss die Personalfragen schnellstens klären, bevor sich die Stimmung weiter trübt. Trotzdem, eine Krise ist das nicht. Denn ob Schauspiel, Oper und gerade Ballett - in der Bilanz überzeugt das Staatstheater genau dort, wo es zählt: bei dem, was es auf die Bühne bringt. Sollte Donlon aber das Theater verlassen, wird die Intendantin noch mehr gefordert sein. Um eine neue Choreographin von Format zu finden. Denn ohne die könnte das Ballett schnell zum Sparopfer werden. Die Politik hat den Rotstift stets griffbereit.

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