Kommunen wünschen Gewerbesteuer langes Leben

Berlin. Die Gewerbesteuer in Deutschland ist in die Jahre gekommen. Heute begeht sie ihren 200. Geburtstag. Am 2. November 1810 folgte Preußen dem französischen Beispiel und führte mit der Gewerbefreiheit auch gleich noch die entsprechende Steuer ein. Seit 1936 wird die Gewerbesteuer in ganz Deutschland erhoben

Berlin. Die Gewerbesteuer in Deutschland ist in die Jahre gekommen. Heute begeht sie ihren 200. Geburtstag. Am 2. November 1810 folgte Preußen dem französischen Beispiel und führte mit der Gewerbefreiheit auch gleich noch die entsprechende Steuer ein. Seit 1936 wird die Gewerbesteuer in ganz Deutschland erhoben. Nach zahlreichen Reformen ist die von ortsansässigen Unternehmen und Gewerbebetrieben zu zahlende Steuer zur wichtigsten Einnahmequelle der Kommunen geworden. In diesem Jahr dürfte das Aufkommen gut 32 Milliarden Euro betragen. Viele Fachleute beklagen allerdings eine hohe Konjunkturanfälligkeit. So spülte die Gewerbesteuer im Vorjahr krisenbedingt rund ein Fünftel weniger in die öffentlichen Kassen als noch 2008. Dank des derzeitigen Wirtschaftsbooms scheint sie dagegen durch die Decke zu schießen: Nach Angaben des Deutschen Städtetages übertrafen die Gewerbesteuereinnahmen allein zwischen Juli und September das Niveau des Vorjahreszeitraums um satte 34 Prozent.In einem neuen Reformanlauf will die Bundesregierung die Kommunalfinanzen deshalb auf eine stabilere Basis stellen. Seit März brütet darüber schon eine Expertenkommission. Im Vormonat sollten eigentlich handfeste Ergebnisse präsentiert werden. Aber die Fronten sind verhärtet. Schwarz-Gelb favorisiert ein Radikalmodell: Die Gewerbesteuer soll ganz entfallen. Im Gegenzug gesteht man den Kommunen Zuschläge auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer sowie einen höheren Anteil am Mehrwertsteueraufkommen zu. Der Plan findet bei der Wirtschaft Beifall. Sie stört sich vor allem daran, dass die Gewerbesteuer auch ans Eingemachte geht. Seit 2008 werden nämlich auch Zinsen, Mieten und Pachten in die Berechnung einbezogen, was dazu führen kann, dass ein Betrieb selbst dann Gewerbesteuer zahlt, wenn er Verluste macht.Die Städte und Gemeinden wiederum halten trotz aller Unzulänglichkeiten eisern an der Gewerbesteuer fest. Aus mehreren Gründen. Zunächst einmal ist sie die einzige große Steuer, deren Aufkommen sich durch ein kommunales Heberecht maßgeblich beeinflussen lässt. Ein solches Heberecht bei der Lohn- und Einkommensteuer einzuführen hätte aus Sicht der Kommunen einen heillosen Verteilungskampf zur Folge. Profitieren würden "Wohn-Gemeinden", in denen viele Beschäftigte zu Hause sind, während Kommunen mit bislang hohem Gewerbesteueraufkommen ihre Bürger stärker belasten müssten. Zum anderen schwankt die Gewerbesteuer nach einer Analyse des Berliner Senats über längere Zeiträume nur wenig mehr als etwa die Körperschaftsteuer. Beim Ersatz der Gewerbesteuer durch die Mehrwertsteuer, so ein weiterer Einwand, hinge man obendrein stärker am Tropf von Bund und Ländern, was dem Verfassungsgebot der kommunalen Selbstverwaltung widerspreche. Vor diesem Hintergrund pochen die Städte sogar auf eine Stärkung der Gewerbesteuer: Einbezogen werden sollen auch Freiberufler wie Ärzte und Anwälte, die bislang davon verschont sind. Obendrein wollen die Kommunen die Besteuerung auf weitere ertragsunabhängige Posten ausweiten.Bei dieser Gemengelage wird es kaum zu radikalen Umwälzungen kommen. Zumal alle bislang erwogenen Reformkonzepte zu milliardenschweren Steuerausfällen bei Bund und Ländern führen würden. Für morgen ist dazu zwar ein Treffen im Bundesfinanzministerium geplant. Dennoch dürften der Gewerbesteuer noch viele weitere Lebensjahre beschert sein.

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