Gesucht: Lösung für Gemeindefinanzen

Berlin. Angesichts der dramatischen Finanzlage in Städten und Gemeinden wollen Bund, Länder und Kommunalverbände sich zügig über eine Neuordnung der Gemeindefinanzen verständigen. Die gestern gestartete "Gemeindefinanzkommission" will bis zum Herbst ein Ergebnis vorlegen

Berlin. Angesichts der dramatischen Finanzlage in Städten und Gemeinden wollen Bund, Länder und Kommunalverbände sich zügig über eine Neuordnung der Gemeindefinanzen verständigen. Die gestern gestartete "Gemeindefinanzkommission" will bis zum Herbst ein Ergebnis vorlegen.

Die neue Kommission, auf die sich Union und FDP im Koalitionsvertrag verständigt hatten, soll die Abschaffung der Gewerbesteuer prüfen. Dabei geht es darum, die wichtigste eigene kommunale Einnahmequelle der Kommunen ohne finanzielle Einbußen für Städte und Gemeinden zu ersetzen. Im Gespräch sind ein höherer Anteil der Kommunen an der Umsatzsteuer und ein kommunaler Zuschlag auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer mit eigenem Hebesatz. Die Kommission soll zudem Ausgaben-Entlastungen und Auswirkungen der EU-Rechtsetzung prüfen.

"Die Situation ist jetzt schlecht", sagte Finanzstaatssekretär Hans Bernhard Beus nach der Auftaktsitzung in Berlin. Es müsse sich zügig etwas ändern. Auch kommunale Spitzenverbände pochen auf rasche Ergebnisse. "Wir müssen eine schnelle Lösung finden", sagte der Präsident des Städte- und Gemeindebundes, Christian Schramm (Foto: dpa). Die Kommunen ächzen unter wegbrechenden Einnahmen, steigenden Sozialausgaben und teuren Beschlüssen der Bundesregierung.

Es ist nicht der erste Anlauf für eine Reform. Auch die Gewerbesteuer steht nicht das erste Mal auf dem Prüfstand. Seit Jahren wird herumgebastelt an Alternativen. Bürgermeister und kommunale Verbände halten an der - je nach Konjunkturlage - stark schwankenden Steuer fest nach dem Motto: "Lieber eine schlechte Steuer als gar keine." Groß ist das Misstrauen gegenüber Bund und Ländern. Groß sind aber auch die Finanznöte und Gewerbesteuer-Einbußen. In Folge der Finanz- und Wirtschaftskrise brachen zuerst Firmengewinne weg, dann die Einnahmen aus der Gewerbesteuer. Die wird ohnehin nur von wenigen Unternehmen gezahlt. Viele Firmen können Erträge mit der Einkommensteuer verrechnen. 2009 mussten die Städte und Gemeinden der Flächenländer mit fast 18 Prozent weniger Gewerbesteuereinnahmen auskommen. Kein Wunder, dass sich Kommunalverbände nun nicht mehr völlig dagegen sperren, auch einmal Alternativen zu prüfen.

Schramm plädierte auch gestern gegen die Abschaffung der Gewerbesteuer, räumte aber ein: "Allerdings muss man sicherlich (. . .) darüber nachdenken, ob bei der veränderten Einnahmesituation bei der Gewerbesteuer andere Dinge notwendig sind." Dies betreffe Hebesatzrechte oder mehr Finanzautonomie.

Das Bundesverfassungsgericht veröffentlichte unterdessen einen Beschluss, wonach die Gewerbesteuerpflicht verfassungsgemäß ist. Städte und Gemeinden können den Hebesatz folglich nicht eigenmächtig auf Null zurückfahren und sich für Unternehmen damit zum Steuerparadies machen. Die zwei klagenden Gemeinden aus Brandenburg wollten die Möglichkeit haben, niedrigere Hebesätze bestimmen zu können oder gar keine Gewerbesteuer zu erheben (Az.: 2 BvR 2185/04 und 2189/04 - Beschluss vom 27. Januar 2010). Aus Sicht der Karlsruher Richter verletzt der seit 2004 geltende gesetzliche Mindesthebesatz von 200 Prozent nicht die Finanzautonomie der Kommunen. Ihnen bleibe genügend Gestaltungsspielraum. Der Gesetzesgeber habe verhindern wollen, dass sich einzelne Gemeinden durch den Verzicht auf die Steuern "übermäßige Standortvorteile" verschafften, so die Karlsruher Richter. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund sprach von einer "klugen Entscheidung". dpa

"Wir müssen eine schnelle Lösung finden."

Der Präsident des Städte- und Gemeindebundes, Christian Schramm

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