Hochmut als Programm

Da war doch im letzten Dezember mal was? Genau, Horst Seehofer, CSU-Chef und seit gestern auch offiziell Spitzenkandidat für die Landtagswahlen im September, holte damals zu einer derben Lästerattacke gegen enge Parteifreunde aus. Schmutzeleien warf er ihnen vor und krankhaften Ehrgeiz.

Das waren Worte eines Polit-Patriarchen, die belegen, dass Seehofer der Hochmut ganz und gar nicht fremd ist. So wie seiner Partei insgesamt.

Das eine hängt freilich mit dem anderen eng zusammen. Denn in diesen Tagen kommt eine offenbar typisch christsoziale Mentalität wieder ans Tageslicht. Während der Ministerpräsident sich gerne seines Personals bedient, um sich an ihm abzuarbeiten, bedienen sich seine Hintersassen am liebsten beim Staat. Denn es sind vor allem Abgeordnete und Minister der CSU gewesen, die Verwandte für sich haben arbeiten lassen. Teilweise zu Gehältern, für die jeder andere Bajuware im Freistaat lange stricken muss. Die aktuelle Affäre und Seehofers Verbal-Eskapaden ergeben zusammen das Bild einer selbstgerechten CSU, die auch ihr Denkschema aus früheren Amigo-Zeiten längst noch nicht überwunden hat. Der Hochmut ist Parteiprogramm.

Dabei war es Seehofer, der vor fünf Jahren mit dem Anspruch angetreten ist, in seiner nach dem Verlust der absoluten Mehrheit am Boden liegenden Partei aufzuräumen. Fortschrittlicher sollte die CSU werden, näher am Menschen sein, damit auch rundherum gefälliger. Die Verwandtenaffäre ist für den Wahlkampf des Ministerpräsidenten daher ein herber Rückschlag. Seine Attacken gegen potenzielle Nachfolger und seine inhaltliche Sprunghaftigkeit haben ihm die Wähler noch stets verziehen und ihn einfach nur "Crazy Horst" genannt. Seehofer selbst mag sich jetzt in der Affäre nichts vorzuwerfen haben. Jedoch ist er der Parteichef, er hat die Verantwortung für das, was in seinem Laden passiert. Deswegen wird er den Skandal nicht einfach abschütteln können. Und dass viele Abgeordnete der Opposition im Landtag, wie die gestern veröffentlichte Liste zeigt, ebenfalls munter bei der Verwandten-Versorgung mitgemacht haben, wird ihm nur bedingt helfen. Denn das zeigt nur, wie wohl man sich im von der CSU geführten Selbstbedienungsladen fühlen kann.

Nein, in Bayern läuft gehörig etwas schief. Moral und Anstand, die politische Selbstkontrolle sind wieder einmal außer Kraft gesetzt gewesen. Die CSU sollte sich daher nicht zu sicher sein. Hochmut kommt bekanntlich vor dem Fall. Die Partei muss endlich lernen, dass auch Demut Grundlage für den Erfolg ist. Im Miteinander, im Umgang mit den Bürgern und auch mit der Opposition. Erst recht mit der Staatskasse. Fünf Monate bis zur Wahl sind es noch. Wenig Zeit, sich darin zu üben.

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