CSU startet mit Krisensitzung in den Wahlkampf

München · Die CSU leidet weiter unter der Verwandtenaffäre. Jetzt soll der frühere Parteichef Theo Waigel einen Ehrenkodex ausarbeiten. Darin sollen Verhaltensregeln für Abgeordnete und Funktionsträger festgelegt werden.

Nicht alle in der CSU sind zufrieden mit dem Vorgehen von Ministerpräsident und Parteichef Horst Seehofer in der Verwandtenaffäre. Zu Beginn einer Sitzung des CSU-Vorstands wurde gestern hinter vorgehaltener Hand Kritik am forschen Chef geäußert. Der habe den Vorgang zu hoch gehängt, hieß es. Sein Kalkül, ein radikaler Saubermann-Kurs werde der CSU helfen, sei bisher nicht aufgegangen.

Um solcher Kritik gleich das Wasser abzugraben, ließ Seehofer in der Sitzung zweimal abstimmen: Einmal über seinen Kurs in der Affäre und zum anderen über die Einsetzung einer Arbeitsgruppe unter Leitung des Ehrenvorsitzenden Theo Waigel. Diese soll einen "Leitfaden" dazu erarbeiten, was sich für CSU-Mandatsträger aller Ebenen in Zukunft schickt - und was nicht. Beide Male war das Ergebnis einhellig, berichtete Seehofer: "Ohne Gegenstimmen und ohne Enthaltungen." Seehofer weiß: "Man macht sich damit nicht nur Freude - Freunde schon gar nicht."

Ärger darüber, dass im Zuge der Affäre um die Beschäftigung naher Verwandter als Abgeordnetenmitarbeiter auf Staatskosten alle bayerischen Mandatsträger in Mitleidenschaft gezogen werden, spricht auch aus einer "gemeinsamen Erklärung", die bis gestern Mittag mehr als 50 Landtagsabgeordnete unterschrieben hatten. "Wir wenden uns in aller Schärfe gegen eine pauschale und durch nichts begründete Verunglimpfung des bayerischen Landtags als ,Freibier-Parlament', ,Abzocker-Bude' und ,Selbstbediener-Laden'", heißt es darin. Angeschlossen haben sich der Erklärung vor allem CSU-Landtagsabgeordnete, unter anderem Fraktionschefin Christa Stewens. Aber auch Abgeordnete aller anderen Fraktionen sorgen sich darin um den Ruf des Parlaments und warnen davor, "geradezu die Axt an unsere Verfassungswurzeln" zu legen.

Am Donnerstag will der Landtag nun reinen Tisch machen. Gestrichen werden soll die Übergangsregelung, die eine Fortsetzung der Beschäftigung von Verwandten ersten Grades durch Abgeordnete erlaubte, die vor 2000 begonnen wurde. Zudem will Bayern nach Vorbild der Bundestagsregelung auch die Anstellung von Verwandten zweiten und dritten Grades verbieten. Auf der Tagesordnung steht schließlich auch eine Transparenzregelung, mit der die Nebeneinkünfte bayerischer Parlamentarier offengelegt werden sollen. Das könnte für manchen Besserverdienenden unangehm werden.

Damit, hofft Fraktionschefin Stewens, werde das Thema erledigt und der CSU "im Wahlkampf nicht mehr schaden". Dennoch wäre es besser gewesen, sagt ein CSU-Mann, wenn man von Anfang an "den Ball etwas flacher" gehalten hätte. Das ging Richtung Seehofer, der sich gestern aber lieber die SPD vornahm. Sie wolle "das Land spalten". Für die heiße Wahlkampfphase stellte er einen Gegenschlag in Aussicht: "Ich merke mir das."

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