Unzulässige Asylbescheide Seehofer will in Bamf-Affäre durchgreifen

Berlin · Der Innenminister verspricht im Skandal um unzulässige Asylbescheide Aufklärung. Am Dienstag sagt der CSU-Politiker im Innenausschuss aus.

 Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge – hier der Hauptsitz in Nürnberg – steht derzeit mächtig unter Beschuss. Der Hintergrund sind massenhaft unzulässige Asylbescheide.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge – hier der Hauptsitz in Nürnberg – steht derzeit mächtig unter Beschuss. Der Hintergrund sind massenhaft unzulässige Asylbescheide.

Foto: dpa/Daniel Karmann

(dpa) Bundesinnenminister Horst Seehofer hat in der Bamf-Affäre „personelle Konsequenzen“ nicht ausgeschlossen. Der CSU-Politiker soll am kommenden Dienstag im Innenausschuss des Bundestages Rechenschaft über die Unregelmäßigkeiten beim Flüchtlingsbundesamt ablegen. Nach Angaben von Ausschussmitgliedern hat Seehofer sein Kommen zugesagt.

Der Bundesinnenminister sagte der „Mittelbayerischen Zeitung“, er werde alles tun, „damit die Dinge ohne Ansehen von Personen oder Institutionen aufgeklärt werden, denn sie haben das Vertrauen in das Bamf beschädigt“. Er fügte hinzu: „Ich werde in der nächsten Woche Entscheidungen über organisatorische und gegebenenfalls auch personelle Konsequenzen treffen.“ Seehofers Fazit: „Es muss eine Menge geschehen, nicht nur in Bremen.“

Die flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Bundestag, Luise Amtsberg, äußerte Zweifel an Jutta Cordt als Chefin des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf). „Wenn sich weiter verdichtet, dass die Leiterin des Bamf entweder Hinweise ignoriert hat oder nicht hinreichend informiert wurde, ist sie kaum mehr zu halten“, sagte Amtsberg der „Rheinischen Post“. Ähnlich äußerte sich die Grünen-Politikerin in den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

Im Zentrum der Affäre steht die Bamf-Außenstelle in Bremen. Dort sollen zwischen 2013 und 2016 Mitarbeiter mindestens rund 1200 Menschen ohne ausreichende rechtliche Grundlage Asyl gewährt haben. Gegen die damalige Bremer Bamf-Chefin und weitere Verdächtige laufen Ermittlungen wegen Bestechlichkeit und bandenmäßiger Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung. In der Sondersitzung des Innenausschusses wollen die Abgeordneten auch wissen, ob die Arbeitsabläufe beim Bamf seit Bekanntwerden der Affäre im April so verändert wurden, dass ähnliche Manipulationen jetzt ausgeschlossen sind. Seehofer war noch nicht im Amt, als die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen gegen die damalige Leiterin der Bremer Außenstelle und weitere Verdächtige aufnahm.

Allerdings will die Opposition auch wissen, ob er wirklich erst am 19. April von der Affäre erfahren hat. Das hatte sein Ministerium mitgeteilt. Die Bamf-Präsidentin Cordt und Seehofers Parlamentarischer Staatssekretär Stephan Mayer (CSU) waren zu den Vorfällen bereits im April im Innenausschuss befragt worden.

Inzwischen überprüft das Bundesamt auch zehn andere Außenstellen, die Flüchtlingen über- oder unterdurchschnittlich oft Schutz gewährt haben. Auf die Frage, ob es dort „nur“ um Schlamperei, Unvermögen oder schlichte Überlastung gehe, sagte Seehofer: „Letzteres scheint der Fall zu sein. Aber ich sage immer: Scheint der Fall zu sein. Wir sind ja mit Hochdruck dabei, die ganzen Dinge aufzuklären.“

Einen Untersuchungsausschuss, den die FDP fordert (siehe unten stehendes Interview), hält die Linksfraktion nach Angaben ihrer innenpolitischen Sprecherin Ulla Jelpke für „kein geeignetes Mittel der Aufklärung“. Er gieße „nur Wasser auf die Mühlen der rechten Hetzer von der AfD und der in ihrem Fahrwasser segelnden Lindner-FDP“, erklärte Jelpke gestern. Der richtige Ort dafür sei der Innenausschuss.

Die SPD forderte Seehofer zum Durchgreifen auf. Seine Partei erwarte vom Innenminister und der Leitung des Bamf, dass Schwachstellen innerhalb der Behörde schnellstmöglich abgestellt werden, sagte der SPD-Innenpolitiker Burkhard Lischka. „Wir brauchen eine Flüchtlingsbehörde, die in jedweder Hinsicht gut funktioniert und arbeitet.“

Unionsinnenexperte Mathias Middelberg (CDU) verteidigte die Aufklärungsbemühungen Seehofers. Die angekündigte Überprüfung der Arbeit des Bamf durch den Bundesrechnungshof sei genau richtig, sagte Middelberg der „Augsburger Allgemeinen“.

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