Eine Frage der kirchlichen Demokratie

Rom/Berlin · Kardinal Rainer Maria Woelki, designierter Kölner Erzbischof, diente seinem Vorgänger Joachim Meisner viele Jahre als „Geheimsekretär“. Als Bischofskaplan war er zur Verschwiegenheit verpflichtet.

Streng geheim geht es regelmäßig auch bei den katholischen Bischofsernennungen zu - daran hat sich unter dem weltoffenen Papst Franziskus wenig geändert. Die Kirche tut sich weiter schwer mit Demokratie und Transparenz. Auch die Forderung nach mehr Mitsprache stößt auf taube Ohren.

Das lässt sich an der Tatsache ablesen, dass der Name Woelki nicht auf der Vorschlagsliste für den neuen Kölner Oberhirten auftauchte, die das Domkapitel gemäß dem preußischen Konkordat nach Rom schickte. Darauf standen die Bischöfe von Essen und Trier, Franz-Josef Overbeck (50) und Stephan Ackermann (51) sowie der Kölner Generalvikar Stefan Heße (47). Doch offenbar fand sich keiner der Drei auf der Liste wieder, die der Vatikan nach Köln zurückschickte - so blieb dem Domkapitel nichts anderes übrig, als ihre Vorschläge zu begraben und Woelki zu wählen. Dies ist ein Affront der "Römer" nicht nur gegen Köln , sondern gegen jede Forderung nach innerkirchlicher Demokratie . In der Domstadt gab es Vorschläge, bei der Auswahl des Erzbischofs diesmal auch die normalen Gläubigen zu beteiligen. Doch der Vatikan ignorierte nicht nur diese Initiative, sondern düpierte auch noch das am Verfahren beteiligte Domkapitel . Und das war ein Wiederholungsfall: Ähnliches hatte sich vor Kurzem auch bei der Ernennung des Freiburger Erzbischofs Stephan Burger abgespielt. Auch dort wischte der Vatikan die Liste des Domkapitels vom Tisch.

In Köln müssen sich nun viele an die Vorgänge bei Meisners Berufung 1989 erinnert fühlen: Das Verfahren zog sich über zwei Jahre hin, das Domkapitel wehrte sich mit Händen und Füßen gegen den Wechsel des damaligen Berliner Bischofs an den Rhein. Papst Johannes Paul II. änderte mitten im Verfahren die Wahlordnung, Meisner wurde schließlich mit relativer Mehrheit gewählt - sechs Mitglieder des Domkapitels stimmten für ihn, zehn enthielten sich. Im Fall Woelki ist zu unterscheiden zwischen dem geheimniskrämerischen Verfahren, das vielen missfällt, und der Person. Der bisherige Berliner Erzbischof gilt zwar als Schützling Meisners, der seinen Einfluss sowohl bei Woelkis Berufung in die Hauptstadt als auch nun bei der Rückkehr geltend gemacht haben dürfte. Doch der heute 57-Jährige machte in Berlin eine gute Figur, gab sich volksnah und zugleich klar profiliert. Woelki dürfte auch in Köln wichtige Akzente setzen, abgesehen von seiner Rolle in der Bischofskonferenz. Doch die Demokratiefrage bleibt.

In der gut einjährigen Amtszeit von Papst Franziskus ist Woelki die dritte deutsche Bischofsernennung. Eine klare Linie ist noch nicht sichtbar. Große Hoffnungen weckt der neue Passauer Oberhirte Stefan Oster (49). Der Salesianerpater und Ex-Journalist ist seit Ende Mai im Amt.

Nach Köln stehen in der deutschen katholischen Kirche weitere wichtige Personalien an. Seit fast zwei Jahren ist der Bischofssitz in Erfurt vakant. Auch in Passau dauerte die Neubesetzung extrem lange, weil ein bereits gewählter Kandidat absagte. Frei wird nun auch Woelkis Berliner Arbeitsplatz. Vielleicht ja sogar für den Trierer Bischof Stephan Acker mann.

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