Corona-Krise Jens Spahn profiliert sich als Krisenmanager

Berlin · Die Corona-Fallzahlen klingen immer bedrohlicher. Umso stärker rückt das politische Krisenmanagement in den Vordergrund. Dafür steht Jens Spahn wie kein anderes Regierungsmitglied.

 Selbst die Opposition lobt Gesundheitsminister Jens Spahn für sein Krisenmanagement.

Selbst die Opposition lobt Gesundheitsminister Jens Spahn für sein Krisenmanagement.

Foto: AP/Michael Sohn

Er ist derzeit praktisch auf allen Kanälen präsent. Im Fernsehen und auf Twitter genauso wie in stundenlangen Pressekonferenzen. Hinter den Kulissen ist Spahns Terminplan noch deutlich enger getaktet. Tägliche Krisenlagen, Gespräche mit Experten, Telefonate mit den Amtskollegen in Italien oder Frankreich. Deutlich vor Mitternacht geht da selten ein Arbeitstag zu Ende.

Spahn selbst kann den Erreger nicht eindämmen, wohl aber die Angst bei vielen Bürgern. Das versucht er. Ruhig im Ton, unaufgeregt in der Sache und einfühlsam in persönliche Lebenslagen – diese Wesensmerkmale sind jetzt Spahns Markenzeichen. Ein erstaunlicher Befund, wenn man bedenkt, dass dem Münsterländer noch vor nicht allzu langer Zeit ganz andere Eigenschaften nachgesagt wurden: machtgierig, Merkel-Rebell und immer für politische Querschläge gut.

Die Wandlung begann vor fast genau zwei Jahren mit der Übernahme des Ministerjobs. Spahn wurde zum Kümmerer für die Kranken und Hilfebedürftigen im Land, machte die Pflege zum Mega-Thema und ließ Gesetze wie am Fließband produzieren. Auch beim ersten Kandidatenrennen für den Parteivorsitz im Herbst 2018 gewann der mittlerweile 39-Jährige an Statur. Gegen Annegret-Kramp-Karrenbauer und Friedrich Merz hatte Spahn zwar keine Chance, doch wusste er sich geschickt als Mann der Zukunft zu inszenieren. Als ein Hoffnungsträger, der auf höhere Weihen schon wegen seines jungspundhaften Alters noch warten kann. In der aktuellen Krise ist Spahn mit dieser Marschrichtung ebenfalls gut gefahren. Weil er sich aus der allerersten Bewerber-Reihe zurückgenommen und mit NRW-Regierungschef Armin Laschet ein „Team“ gebildet hat, kann jetzt auch niemand behaupten, Spahn wolle sich mit seiner medialen Dauerpräsenz in Sachen Corona nur einen Vorteil im Kampf um den CDU-Chefsessel verschaffen.

Da ist es letztlich auch kein Wunder, wenn sogar die Opposition lobende Worte findet. Er begrüße es, „mit welcher Klarheit, Besonnenheit und Transparenz die Bundesregierung mit der Lage umgeht“, sagt FDP-Chef Chef Christian Lindner. „Sehr besonnen“, nennt auch die Linkfraktionsvorsitzende Amira Mohamed Ali das Wirken des Ministers. Bei den Bürgern kommt Spahn ebenfalls gut an. Nach einer aktuellen Umfrage sind mehr als zwei Drittel mit seiner Arbeit zufrieden.

Die Stimmung kann allerdings schnell kippen, sollte die rasante Ausbreitung der Atemwegserkrankung das deutsche Gesundheitswesen überfordern. Der Höhepunkt der Epidemie sei noch nicht erreicht, räumt auch Spahn immer wieder ein. Von der Bundesregierung wurde deshalb schon der Export von Atemschutzmasken stark eingeschränkt. Zudem setzte Spahn die festen Personaluntergrenzen für bestimmte Stationen in Kliniken außer Kraft. Damit sollen die ohnehin häufig unterbesetzten Einrichtungen bei der Personalplanung flexibler auf das Virus reagieren. Aber viel mehr kann Spahn wohl nicht tun. Denn beim Katastrophen- und Seuchenschutz hat der Bund nur begrenzte Befugnisse. Beides ist in erster Linie Sache der Länder. Konflikte bleiben da nicht aus. Als Spahn kürzlich anregte, alle Veranstaltungen mit mehr als 1000 Teilnehmern abzusagen, fühlte man sich in manchen Bundesländern düpiert. Das sei Spahns „persönliche Meinung“, die er auf „seinen persönlichen Social-Media-Kanälen“ bekannt gegeben habe, ätzte Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD). Ein Warnschuss für den nicht von Eitelkeiten freien Bundesminister.

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