Leitartikel: SPD und Kanzlerkandidatur Einigkeit in der K-Frage ist für die SPD eine hohe Hürde

Nicht nur die Union hat ihre liebe Not mit der K-Frage. Auch in der SPD gärt das Thema, wer die Partei als Kanzlerkandidat in die nächste Bundestagswahl führen soll und wie das Ganze ins Werk gesetzt werden kann.

 Stefan Vetter

Stefan Vetter

Foto: SZ/Robby Lorenz

Wobei im Gegensatz zur Union wenigstens der Kreis der dafür in Frage kommenden Personen aktuell recht übersichtlich ist. Doch auch das macht die Angelegenheit nicht unbedingt einfacher.

Ginge alles seinen logischen Gang, dann müssten die amtierenden Vorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans die Sache unter sich ausmachen. Schließlich konnten sie sich nach einem aufwändigen Findungsverfahren im vergangenen Jahr für die Spitzenposten durchsetzen. Bereits vor einigen Monaten hatten beide jedoch scheinbar großherzig ihren Verzicht erklärt. Ein Fingerzeig darauf, dass auch eine Mitgliederbefragung kein Garant für weise Entscheidungen ist.

In den Top Ten der beliebtesten Politiker im Land sucht man Esken und Walter-Borjans jedenfalls vergebens. Dafür findet sich dort kontinuierlich an vorderer Stelle der große Verlierer des Genossen-Entscheids: Olaf Scholz. Auf den Vizekanzler und Bundesfinanzminister läuft die Kandidatur dann auch am ehesten zu. Auf einen also, der zwar nicht als Obergenosse taugen soll, wohl aber als Merkel-Nachfolger in der Berliner Regierungszentrale. Darauf muss man auch erst mal kommen.

Nun ist es allerdings tatsächlich so, dass hohe Sympathiewerte in der Bevölkerung noch längst keine überschäumende Zuneigung in der Sozialdemokratie erzeugen müssen. Man denke an Peer Steinbrück, den SPD-Kanzlerkandidaten bei der Wahl im Jahr 2013. Obwohl zwischenzeitlich beliebter als Merkel, wurde er lustvoll von der eigenen Partei demontiert, zumal deren linke Programmatik ohnehin nicht zum „rechten“ Vorturner passen wollte. Das könnte sich bei Scholz wiederholen. Vom linken Flügel kommt ja bereits die Forderung, dem Hanseaten ein „schlagkräftiges Team“ zur Seite zu stellen – soll heißen, Scholz unter Kontrolle zu halten. Steinbrück hatte sich von den Seinen damals mehr „Beinfreiheit“ gewünscht, bekommen hatte er sie nicht.

Dabei sind die Chancen für die SPD, nach 16 Jahren wieder den Regierungschef zu stellen, nicht ganz so hoffnungslos, wie man angesichts ihrer mickrigen Umfragewerte vielleicht vermuten könnte. Denn bei der Union herrscht zumindest in einem Punkt Klarheit: Merkel tritt nicht noch ein fünftes Mal für die Kanzlerschaft an. Wer immer sie von den potenziellen Aspiranten in der Union beerbt, kann nicht mit dem Amtsbonus wuchern. Und selbst für den derzeitigen Publikumsliebling Markus Söder gilt die alte Erfahrung, dass die Begeisterung für einen CSU-Kanzlerkandidaten in dem Maße nachlässt, je weiter nördlich das Wahlvolk damit konfrontiert ist. So könnte die Union am Ende Stimmen an die Grünen verlieren, aber eben auch an die SPD. Vorausgesetzt, die Genossen zögen bei ihrem Kanzlerkandidaten diesmal wirklich an einem Strang. Schon allein das ist eine ziemlich hohe Hürde.

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