Die Macht der Bilder Söders Schloss und Schröders Stiefel – wie Politiker sich inszenieren

Berlin · Nicht nur der CSU-Chef und der Altkanzler wissen um die Wirkung von Bildern. Doch ebenso gilt: Man kann es auch übertreiben.

Es sind Fotos für die Ewigkeit, die Bayerns Ministerpräsident Markus Söder von sich und Angela Merkel schießen ließ. Er und die Kanzlerin bei strahlendem Sonnenschein allein auf einem Boot, dann in einer Kutsche und schließlich noch im prunkvollsten Saal von Schloss Herrenchiemsee. Söder weiß ganz genau um die Wirkung von Bildern. Genauso wie andere Politiker. Doch wer es übertreibt, dem kann die Inszenierung auch zum Verhängnis werden.

Der CSU-Chef hat ja nicht nur Freunde in der Union, speziell in der CDU, die derzeit auf der Suche nach einem neuen Parteichef ist. Mit zwei der drei Aspiranten liefert sich Söder ein Rennen um die Kanzlerkandidatur, auch wenn er das zum jetzigen Zeitpunkt öffentlich in Abrede stellt. Manch einer bei den Christdemokraten ist schon genervt vom protzigen Auftreten des Bajuwaren, von Einlassungen wie: Wer Kanzler werden wolle, müsse sich in der Corona-Krise bewähren. Intern soll Söder bereits getadelt worden sein. Das Problem der Kritiker ist aber: Der CSU-Chef wird laut Umfragen immer beliebter, was ihn noch selbstbewusster werden lässt. Auch deswegen die beeindruckende Inszenierung von Herrenchiemsee.

Nur eine ist derzeit noch angesehener: Angela Merkel (CDU). Die Kanzlerin gilt gemeinhin als unprätentiös. Doch Merkel überlässt ebenfalls ungern etwas dem Zufall. So gibt es im Presseamt eine Expertin für Foto-Termine, die vorab die Orte inspiziert und für den schönsten Blick auf die Regierungschefin sorgt. Dass Merkel um die Macht der Bilder weiß, zeigt beispielsweise eine Episode aus dem Jahr 2014: Damals gewann die Fußballnationalmannschaft den WM-Titel in Brasilien. Die Kanzlerin eilte in die Kabine und ließ sich mit den zum Teil halbnackten Spielern ablichten. Ebenfalls ein Foto für die Ewigkeit. Merkels Vorgänger, Gerhard Schröder, sicherte sich sogar durch geschickt arrangierte Aufnahmen seine Wiederwahl. Anfang 2002 glaubte kaum noch einer daran, dass Schröder Kanzler bleiben würde. Dann kam das Elbehochwasser und der SPD-Mann entdeckte in sich den Krisenmanager. Die Fotos von ihm in Gummistiefeln an der Wasserkante sind legendär und verfehlten ihre Wirkung nicht.

Der Politikberater Klaus Harbers von der Berliner Agentur „No Drama“ weiß: „Bilder sind wie ein Mag­net für unsere Aufmerksamkeit, sie wecken Emotionen und brennen sich in unser Gedächtnis.“ Das gelte auch für Fotos, über die man sich lustig mache, „solange sie noch an der Grenze zur Peinlichkeit vorbeischrammen“. Politiker wissen das. Anders als Söder beherrscht Merkel allerdings das Prinzip Maß und Mitte. Während der CSU-Chef schon frühzeitig mit der bayerischen Maske als Anti-Corona-Kämpfer Eindruck hinterlassen wollte, hielt Merkel sich noch zurück. Bis sie quasi von einer Journalistin öffentlich dazu aufgefordert wurde, sich doch auch mal mit dem Corona-Schutz zu zeigen. Merkel achtet penibel darauf, es nicht zu übertreiben.

 Dieses Foto in Gummistiefeln sicherte Altkanzler Gerhard Schröder 2002 die Wiederwahl.

Dieses Foto in Gummistiefeln sicherte Altkanzler Gerhard Schröder 2002 die Wiederwahl.

Foto: picture alliance / Associated Press/dpa Picture-Alliance / ECKEHARD SCHULZ

Grünen-Chef Robert Habeck scheint da anders zu ticken. Als er jetzt mit Schleswig-Holsteins Regierungschef Daniel Günther wandern war, entdeckte er ein paar Pferde. Es entstand ein Foto, auf dem sich die Tiere über den am Boden sitzenden Politiker beugen und an ihm riechen. Bei Instagram trug Habeck dick auf: „Das ist so dicht an Magie, wie man kommen kann.“ Der Spott über das Pferdebild ließ in den sozialen Netzwerken nicht lange auf sich warten. Natürlich und menschlich, das sind aber Habecks Fotobotschaften. So zeigte er sich schon in Socken am Boden eines ICE oder wie er sich in der Corona-Krise selbst die Haare schnitt. Experte Harbers glaubt, dass der Grüne „mit seiner saloppen Bilderwelt die für seine Partei wichtigen Zielgruppen anspricht“. Das Problem sei nur: „Es sind nicht unbedingt Bilder, die man von einem künftigen Bundeskanzler sehen will.“

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