„Dark Justice“, der letzte Film von Pol Cruchten Wer macht die Welt zum Müllplatz?

Saarbrücken · Am 3. Juli 2019 starb er überraschend, im Alter von 55 Jahren. Pol Cruchten war einer der bekanntesten Luxemburger Filmemacher: Regisseur, Autor und Produzent, der viele Arbeiten von Kolleginnen und Kollegen auf den Weg brachte.

 Martin McCann als Super-Hacker Jake De Long.

Martin McCann als Super-Hacker Jake De Long.

Foto: EuroVideo

Sein Spielfilmdebüt „Hochzeitsnacht“ von 1992 wurde nach Cannes eingeladen und gewann 1993 in Saarbrücken den Hauptpreis des Filmfestivals Max Ophüls Preis – 22 Jahre später eröffnete dann seine moderne Schiller-Adaption „Die Räuber“ mit Maximilian Schell das Festival.

Cruchtens letzter Spielfilm, den er 2018 drehte, erscheint erst jetzt bei uns, als Heimkino-Premiere. Dessen deutscher Titel „Dark Justice“ sagt weniger aus als sein internationaler: „Justice dot net“. Das ist im Film die Adresse einer Internetseite, mit der eine Handvoll Aktivisten einige Akteure der Politik und der Industrie entlarven wollen: bestenfalls als Heuchler, schlimmstenfalls als  Gesetzesbrecher höchster Potenz.

 Désirée Nosbusch als kanadische Umweltministerin.

Désirée Nosbusch als kanadische Umweltministerin.

Foto: EuroVideo

Die luxemburgisch-kanadisch-irische Produktion beginnt im Großherzogtum. Dort ist die Polizei dem Super-Hacker und Umwelt-Aktivisten Jake de Long (Martin McCann) auf der Spur – aber eben nicht nahe genug. Er entkommt und fädelt in Montreal seinen größten Coup ein: Er und einige Gleichgesinnte überfallen ein informelles Treffen der kanadischen Umweltministerin (gespielt von Desiree Nosbusch) mit zwei Industriellen und der Besitzerin einer Sicherheitsfirma. Das Quartett wird aus der Landvilla (Butler inklusive) der Ministerin verschleppt und in einen Raum zum Verhör gesperrt: Dort sollen sie ihre geheimen Absprachen, Gesetzesübertretungen und Umweltverbrechen gestehen, das Ganze ist live auf der „Justice dot net“-Seite zu sehen – und die Internetnutzer der ganzen Welt können dann abstimmen, ob die Vier schuldig sind oder nicht. (Die Wahl fällt angesichts der Offenbarungen nicht schwer). 

Die Eingesperrten versuchen, ihre Panik niederzukämpfen, bevor sie sich mit gegenseitigen Schuldzuweisungen an die sprichwörtliche Gurgel gehen. Zugleich setzen die Aktivisten sie regelmäßig unter Druck: mit Bildern der vermüllten Welt, mit sehr uninspiriertem Heavy-Metal-Gedonner in Stadionlautstärke – und Gas, das in das Verließ gepumpt wird. Währenddessen versucht die Polizeipräsidentin (Pascal Brussières), den Ort der Verschleppten aufzuspüren – dabei eher behindert als unterstützt von der privaten Sicherheitsfirma „Black Hawk“, die ihrerseits in die Machenschaften des verschleppten Elite-Quartetts verstrickt ist.

 Pascale Bussières als Polizeipräsidentin

Pascale Bussières als Polizeipräsidentin

Foto: EuroVideo

Der Plot (Drehbuch: Thomas Richardson) hat Potenzial für Spannung plus politische Aufklärung, aber beides fällt flach aus – man hätte Pol Cruchten einen anderen filmischen Abschied gewünscht. Der Film beginnt in Luxemburg mit Tempo, aber gleich auch der ersten Ungereimtheit – die Polizei ist dem weltweit gesuchten Super-Hacker knapp auf den Fersen. Aber auf die Idee, den Flughafen zu überwachen, ist anscheinend niemand gekommen. Auch am Können der Leibwächter von Großindustriellen muss man zweifeln, wenn sie sich so leicht übertölpeln lassen.

Das mögen nur kleine Plot-Macken sein, sie zeigen aber, dass das Drehbuch mit nur wenig Sorgfalt vor allem zu seinen Thesen gelangen: Die Welt ist verdreckt, die Tricks der Großindustrie sind schmutzig, die Politik ist korrupt. Subtiler wird es in „Dark Justice“ nicht. Was verschmerzbar wäre, hätte der Film mehr Atmosphäre, mehr Spannung – aber formal wirkt das Ganze eher wie ein Fernsehspiel denn wie ein Film fürs Kino (dem Cinemascope-Format zum Trotz). McCann als Hacker und Brussières als Polizistin machen das Beste aus ihren meist papiernen Dialogen (eine sterile Synchronisation in der deutschen Fassung ist auch nicht hilfreich), aber oft wirken die Darsteller sich alleine überlassen. Der Film endet mit Bildern von Müll im Meer und ölverpesteten Stränden – aber bis dahin hat man schon verstanden, worum es geht, aber nichts Neues erfahren.

"Dark Justice" mit Desiree Nosbusch ("Bad Banks") auf Bluray und DVD
Foto: EuroVideo

Erschienen bei Eurovideo.
Extra: Ein gekonnter Trailer, der den Film als trickreichen Thriller verkauft.

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