Ausstellung des Pop-Art-Künstlers für Besucher geöffnet Warhol „aus Dornröschenschlaf erweckt“

Köln · Seit Monaten war die Andy-Warhol-Ausstellung in Köln allen Blicken entzogen – jetzt können die Besucher den Pop-Art-Künstler erleben, wie sie ihn noch nie gesehen haben.

  Blick auf eine Installation mit Spätwerken des US-amerikanischen Künstlers in der Ausstellung «Andy Warhol Now»

Blick auf eine Installation mit Spätwerken des US-amerikanischen Künstlers in der Ausstellung «Andy Warhol Now»

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Auch das ist ein Corona-Kollateralschaden: Seit einem Vierteljahr hängen im Kölner Museum Ludwig Spitzenwerke von Andy Warhol (1928-1987) an den Wänden, aber bisher war niemand da, um sie anzuschauen. Nun öffneten sich endlich die Türen. „Wir sind sehr froh, dass die Andy-Warhol-Ausstellung aus ihrem Dornröschenschlaf erweckt wird“, sagte Direktor Yilmaz Dziewior am Dienstag. „Andy Warhol Now“ mit über 100 Werken zeichnet ein in Teilen überraschendes Bild des bedeutendsten Pop-Art-Künstlers. Schwerpunkte sind seine Homosexualität, und die Auseinandersetzung mit Tod und Religion.

In Warhols Jugend war Sex zwischen Männern noch verboten, doch machte er nie einen Hehl aus seiner Orientierung. In den 50er Jahren zeichnete er ebenso gewagte wie zärtliche Szenen aus seinem Leben als schwuler Mann. Homophobe Kritiken veranlassten ihn zu weniger expliziten Werken wie „Sleep“: Dafür filmte er seinen Liebhaber John Giorno im Schlaf und setzte dies zu einem fünfstündigen Zeitlupenfilm zusammen, der im Museum wie ein sich leicht bewegendes Gemälde wirkt. Mit den „Torso“-Bildern von 1977, angefertigt nach Fotos von einem Kopfstand machenden nackten Schauspieler, wurde seine Homosexualität wieder sichtbarer. Als ein Mitarbeiter Bedenken äußerte, entgegnete er: „Sag einfach, es ist Kunst.“ Mit diesem Satz könnte man sein gesamtes Werk überschreiben.

Warhol, der amerikanische Künstler schlechthin, war stark geprägt durch die osteuropäische Herkunft seiner Familie. Seine Muttersprache war Russisch und in seiner Jugend wurde er oft als „Hunkie“ beschimpft, eine abwertende Bezeichnung für Osteuropäer. Seine Eltern Andrej und Julia Varhola stammten aus einem Dorf in der heutigen Slowakei und gehörten der griechisch-katholischen Kirche an.

Der Pop-Art-Künstler, der bekannt dafür war, jeden Abend auszugehen, besuchte mitunter mehrmals in der Woche die heilige Messe. An Feiertagen wie Weihnachten und Ostern gab er unbemerkt von der Öffentlichkeit Essen und Kaffee an Obdachlose aus. Mit seiner Darstellung des „Letzten Abendmahls“ von Jesus und seinen Jüngern spielte er möglicherweise auf die von Aids bedrohte schwule Community der 80er Jahre an.

Die Ausstellung dokumentiert Warhols ungeheuren Einfallsreichtum. Vieles ist amüsant, etwa wenn er sich als Nasenbohrer porträtiert oder die machohaften Tröpfelbilder des abstrakten Expressionisten Jackson Pollock durch „Piss Paintings“ persifliert: Diese Werke aus unter Urinstrahlen oxidierter Metallfarbe sehen übrigens verblüffend gut aus.

Warhol war bereits ein Multimediakünstler, der für Print- und Fernsehformate bekannte und unbekannte Amerikaner interviewte. Um möglichst viele Menschen zu erreichen, gestaltete er jahrzehntelang auch Plattencover, zum Beispiel für die Rolling Stones. Er war sich für nichts „zu gut“ und stolz darauf, viel Geld zu verdienen.

(dpa)
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