Hamburg-Flüge und fürstliche Gehälter

Kirkel. Wenn montags der Luxair-Flieger um 7.15 Uhr vom Saarbrücker Airport Richtung Hamburg startet, ist die Maschine mit der Flugnummer LG 9561 seit Anfang des Jahres oft bis auf den letzten Platz gefüllt. Gleich stark frequentiert ist am Freitagabend auch der Rückflug LG 9564, der um 19.55 Uhr von Hamburg-Airport Richtung Saarbrücken-Ensheim abhebt

Kirkel. Wenn montags der Luxair-Flieger um 7.15 Uhr vom Saarbrücker Airport Richtung Hamburg startet, ist die Maschine mit der Flugnummer LG 9561 seit Anfang des Jahres oft bis auf den letzten Platz gefüllt. Gleich stark frequentiert ist am Freitagabend auch der Rückflug LG 9564, der um 19.55 Uhr von Hamburg-Airport Richtung Saarbrücken-Ensheim abhebt. Grund für die Vollauslastung ist der Kirkeler Baumarkt-Konzern Praktiker.Seitdem im November der Vorstand der angeschlagenen Handelsgruppe entschieden hat, dass die Praktiker-Konzernzentrale in die Hansestadt verlegt wird, ist Bewegung in die Sache gekommen. Seit Jahresbeginn pendeln bis zu 70 Mitarbeiter aus den Bereichen Category Management (Steuerung von Warengruppen), Einkauf, Lieferanten-Management und Marketing wöchentlich zwischen Hamburg und dem Saarland. Ihnen wird nicht nur der Flug bezahlt. Bis auf die Führungskräfte erhalten alle ein tägliches Handgeld von 50 Euro - Praktiker nennt es "Mobilitäts- und Trennungszulage". Hinzu kommen Spesen von "spürbar unter 20 Euro pro Tag" (Praktiker) und die Übernachtungskosten in einem Zwei Sterne-Hotel. Arbeiten müssen die Angestellten dort "in beengten Verhältnissen", wie Beteiligte sagen. Denn die Zentrale der Praktiker-Tochter Max Bahr im Hamburg-Wandsbek sei lediglich das erweiterte Gebäude eines Max-Bahr-Baumarktes. Insider sind überzeugt, dass sich Praktiker allein aus Platzgründen im teuren Hamburg eine neue Verwaltungszentrale suchen muss, wenn der Umzug von Kirkel mit mehreren 100 Mitarbeitern in die Hansestadt wie geplant vollzogen werden soll. Praktiker bestreitet dies und auch eine Berechnung von Kennern des Unternehmens, dass "der Umzug 25 Millionen Euro kosten wird".

Wie dem auch sei: Verstehen kann niemand diese wöchentliche Pendelei von Südwest nach Norden und retour. "Es wäre auf jeden Fall günstiger gewesen, die Verwaltung des gesamten Konzerns in Kirkel zu konzentrieren", sagen Insider. Denn dort "läuft der Mietvertrag noch bis 2018", was Praktiker bestätigt. Auch andere große Baumarktketten werden nicht von Metropolen aus gelenkt. So residiert Obi in Wermelskirchen, Bauhaus in Mannheim, Hornbach in Bornheim, Hagebau in Soltau und die Globus-Baumärkte in Völklingen.

Kenner des Unternehmens weisen außerdem darauf hin, dass Praktiker-Chef Thomas Fox und sein Vorstandskollege, der "Chief Restructuring Officer" (Umstrukturierungs-Vorstand) Josef Schultheis, "fürstlich bezahlt" werden sollen. Ihr Salär soll pro Tag bei jeweils 5000 Euro liegen - allerdings bei einer Kündigungsfrist von nur 24 Stunden. Praktiker bestreitet das nicht. "Vorstandsverträge werden zwischen dem Aufsichtsrat und den Vorständen individuell ausgehandelt. Die wesentlichen Inhalte werden im Vergütungsbericht im Rahmen des Geschäftsberichts dargelegt", heißt es aus der Konzernzentrale. Der Geschäftsbericht wird am 29. März veröffentlicht.

Aus für Markt Ensdorf

Geplant ist auch, unrentable Praktiker-Baumärkte in Deutschland zu schließen. Wie viele, das sei noch offen, betont man in der Kirkeler Zentrale. In der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" war gestern von 30 der insgesamt noch 240 Märkte die Rede. Sicher ist, dass im Saarland der Ensdorfer Markt Ende 2012 dichtgemacht wird. Das geht allerdings nicht auf das Konto von Fox & Co. "Diese Entscheidung hatte schon der alte Vorstand getroffen", so ein Praktiker-Sprecher.

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