Frauke Verlindens bestechende Erzählungen

Sie sind leise, verströmen in ihrem Optimismus etwas Leichtes, das ohne jede Flüchtigkeit und Oberflächlichkeit auskommt: Zwölf Erzählungen sind in Frauke Verlindens Prosa-Band versammelt, jede für sich abgeschlossen, und doch sind sie miteinander verwoben. Einmal tauchen Figuren wieder auf, dann werden Sujets noch mal in anderem Kontext thematisiert

Sie sind leise, verströmen in ihrem Optimismus etwas Leichtes, das ohne jede Flüchtigkeit und Oberflächlichkeit auskommt: Zwölf Erzählungen sind in Frauke Verlindens Prosa-Band versammelt, jede für sich abgeschlossen, und doch sind sie miteinander verwoben. Einmal tauchen Figuren wieder auf, dann werden Sujets noch mal in anderem Kontext thematisiert. Die große Klammer, die alles zusammenhält, ist das zentrale Motiv der Erinnerung.Häufig sind es Wahrnehmungen und Elemente aus der Natur, die diesen Prozess des Erinnerns auslösen und damit die Dynamik des Erzählens bestimmen. So ist es ein Schneckenhaus, das der Ich-Erzählerin in der Eingangserzählung "Schneckenkönig" durch Zufall in die Hände fällt, als sie nach dem Tod des Vaters ihr Elternhaus letztmals besucht. Gekonnt spielt Verlinden mit dem Motiv der Schnecke, Symbol für das Introvertierte, ja auch Gefangene - Attribute, die die Kindheit der Protagonistin bestimmt hatten. Nach dem Fund einer Schublade voller einst gesammelter filigraner Kalkhäuser lässt sie diese schmerzlichen und am Ende befreienden Episoden der Kindheit nochmal Revue passieren.

Im Zentrum der Texte der zweiten Buchhälfte stehen Ute und Felix, deren Tiefpunkte und Krisen stets zu einem Wendepunkt führen, von dem aus sich eine positive Perspektive entwickeln kann. Dieser optimistische Grundton, der viel zu selten vorkommt in jener Literatur, die das Etikett der Ernsthaftigkeit trägt, unterscheidet Verlindens Texte wohltuend von so manchem, was in Feuilletons allenthalben gefeiert wird. Ihr Gespür für Details, die Präzision, mit der jedes Adjektiv seinen unverrückbaren Platz findet, ihr Vermögen, der Belanglosigkeit des Alltäglichen einen Moment des Innehaltens und der Sinnhaftigkeit zu verleihen, geben ihren Erzählungen etwas Bestechendes. chh

Frauke Verlinden: Wenn es aufklart. Gollenstein, 144 S., 16 €

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