Neue Strategie des Online-Übernachtungsdienstes Airbnb setzt auf Luxus statt Luftmatratze

San Francisco · Der 2008 gegründete Online-Übernachtungsdienst schraubt an seinem Image und will künftig gezielt gut betuchte Kunden ansprechen.

 Mit seinem neuen Konzept „Airbnb Plus“ will das Online-Portal Reisende, die ihren Urlaub normalerweise gehobeneren Hotels verbringen, abwerben.

Mit seinem neuen Konzept „Airbnb Plus“ will das Online-Portal Reisende, die ihren Urlaub normalerweise gehobeneren Hotels verbringen, abwerben.

Foto: dpa/Jens Kalaene

Das Online-Portal Airbnb, das seit 2008 weltweit Übernachtungsmöglichkeiten vermittelt, hat sich für die nächsten zehn Jahre Großes vorgenommen. Eine Milliarde gebuchte Übernachtungen im Jahr, das ist das Ziel des Airbnb-Mitgründers und Chefs Brian Chesky. Dafür will sich das Unternehmen von seinem Luftmatratzen-Image verabschieden.

Airbnb – der Name leitet sich von „Airbed and Breakfast“ (Luftmatratze und Frühstück) ab. Die ursprüngliche Idee vom eher mittel- und anspruchslosen Rucksacktouristen, der günstig die Welt bereist, indem er kurzfristig bei einem Privatvermieter unterkommt, ist allerdings schon lange in den Hintegrund gerückt. Und soll es mit dem Konzept „Airbnb Plus“ noch weiter tun. Schon heute vermittelt Airbnb weltweit mehr Übernachtungen als die fünf größten Hotelketten zusammen. Durch „AirBnb Plus“ sollen jetzt gezielt Reisende angesprochen werden, die ihren Urlaub normalerweise in einem Hotel gehobener Klasse verbringen.

So soll „Airbnb Plus“ nach Angaben des Unternehmens Standards versprechen, die exklusiven Hotels gleichen, dafür aber deutlich günstiger zu haben seien. Mit dem neuen Angebot sollen auch jene Menschen erreicht werden, die bisher aus unterschiedlichen Gründen vor einer Buchung über das Online-Portal zurückgeschreckt seien. Etwa aus Angst vor geschönten Bildern der Wohnung, die nichts mit der Wirklichkeit zu tun haben oder unzuverlässigen Gastgebern. In der Tat entspricht eine über Airbnb gebuchte Privatunterkunft nicht immer der Realität. Von fehlenden Handtüchern, schmutzigen Teppichen bis hin zu kaputten Heizungen ist alles möglich. Oft haben sich Kunden beschwert, dass ihre Wohnung kurzfristig grundlos storniert und ihr Urlaub ruiniert wurde.

Das soll bald der Vergangenheit angehören – sofern sich Reisende für „Airbnb Plus“ entscheiden. Ausgewählte Gastgeber können ihre Unterkünfte für eine einmalige Gebühr registrieren lassen, um diese Zertifizierung zu erhalten. Um zu überprüfen, ob die Wohnung tatsächlich den Standards enstpricht, komme ein Mitarbeiter des Unternehmens vorbei, mache Fotos und arbeite eine 100 Punkte lange Checkliste ab.

Ein Vermieter müsse besonders zuverlässig und professionell sein, um akzeptiert zu werden, betont Airbnb. Eine 95-prozentige Annahmerate von Bewerbungen sei Pflicht. Sie soll sicherstellen, dass Gäste nicht nach persönlichen Vorlieben oder Vorurteilen ausgesiebt werden. Die Kündigungsrate nach Vertragsschluss müsse bei Null liegen und die Gäste müssten im Schnitt mindestens eine Bewertung von 4,8 von 5 möglichen Sternen abgegeben haben. Dafür winkten den zunächst 2000 „Airbnb-Plus“-Gastgebern in 13 Städten, darunter Shanghai und Los Angeles, deutlich höhere Gewinne. Im Schnitt könnten sie bis zu 200 Dollar pro Nacht verlangen, der Durchschnitt liege bei rund 100 Dollar, erklärt das Unternehmen.

Auch ein anderes Problem soll gelöst werden. Verbraucher verirrten sich immer häufiger auf der unübersichtlichen Webseite mit ihren Millionen von Angeboten, die bisher eigentlich nur drei Ordnungskriterien bot. „Geteilte Zimmer“, „eigenes Zimmer“ und „ganze Wohnung“. Das Problem soll jetzt durch vier zusätzliche Kategorien entschärft werden: Die Merkmale „Ferienunterkunft“, „Besondere Unterkunft“, „Bed & Breakfast“ und „Boutique-Hotel“ sollen helfen, die Suche schneller einzugrenzen. Zusätzlich würden im Laufe des Jahres Kategorien für Gruppenreisen eingeführt.

Immer mehr Menschen in Deutschland nutzen solche Online-Vermittlungen privater Wohnungsangebote: Rund 14,5 Millionen Übernachtungen pro Jahr werden nach einer Untersuchung des Immobilienentwicklers GBI über Online-Portale wie Airbnb, Wimdu oder 9flats vermittelt, ohne von der amtlichen Statistik erfasst zu werden. Für die Studie wurden im Jahr 2016 knapp 180 Städte mit mehr als 50000 Einwohnern untersucht. Besonders in den Metropolen sei Airbnb gefragt. Mehr als zehn Millionen der Übernachtungen seien in Berlin, München, Hamburg und Köln registriert worden. Die restlichen rund vier Millionen Übernachtungen in Privatquartieren verteilten sich auf die übrigen 175 Städte. „Viele Großstädte in Deutschland und Europa haben diese Form der Zimmervermietung schon als Problem erkannt“, erklärte Frank Hohrath, Geschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga im Saarland. Denn zahlreiche Unterkünfte würden professionell verwaltet und so dem Mietmarkt entzogen, was zu steigenden Mieten führe.

Zu dem gleichen Ergebnis kommt eine Studie der TU Wien. Dort gebe es mittlerweile viele Großanbieter, die mehrere Wohnungen gleichzeitig auf Airbnb anböten. Viele von ihnen seien dauerhafte Ferienunterkünfte. „Mit dem ursprünglichen Gedanken der kurzfristigen Vermietung der Wohnzimmercouch oder eines leer stehenden Zimmers hat Airbnb nicht mehr viel zu tun“, sagte der Forscher Roman Seidl. „Nach unseren Berechnungen werden dem Wohnungsmarkt in Wien 2000 Wohnungen durch Airbnb dauerhaft entzogen.“

Der Hotel- und Gaststättenverband weist auch darauf hin, dass die gewerbliche Vermietung von Zimmern Regeln unterliege: angefangen von der Meldepflicht des Gastes bis zur Entrichtung von Gewerbesteuern an die Stadt. „Die Mieteinkünfte sind steuerpflichtig“, so Hohrath, „und auch die baulichen Anforderungen an Beherbergungsstätten dürfen nicht vergessen werden.“

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