Sechs Flugstunden oder 5000 Kilometer von Deutschland entfernt erlebt die Formel 1 im Wüstenstaat Abu Dhabi tagsüber um die 30 Grad, stahlblauen Himmel. Der Persische Golf glänzt am Horizont wie geschmolzenes Silber. Es ist eine andere Welt, auf die an diesem Sonntag (14 Uhr/RTL) beim Saisonfinale die Motorsport-Welt blickt.

Draußen weht eine leichte Brise, die Luft ist flirrend - und drinnen, im Medienzentrum, ist sie mehr oder weniger dick zwischen Lewis Hamilton und Nico Rosberg . Nur einer kann am Sonntag Formel-1-Weltmeister werden.

Artig stellten sich die beiden Titanen vor der Weltpresse der Fotografenmeute zum Händedruck. Doch der Schein trügt. Mit der Harmonie ist es spätestens seit dem Rennen in den Ardennen vorbei, als Rosberg bei einem wagemutigen Überholmanöver Hamiltons Hinterreifen aufschlitzte. Seitdem zelebrieren die Rivalen der Rennbahn ihre gegenseitige Verachtung.

Motorsportchef Toto Wolff ist es egal, wer Champion wird: "Hauptsache ein Mercedes-Pilot." Nico Rosberg aber stichelt im Psycho-Zweikampf: "Er hat alles zu verlieren, ich habe alles zu gewinnen." Hamilton, startet in diesem Titel-Thriller mit einem 17-Punkte-Polster - und denkt nicht daran, den Schongang einzulegen. Dabei könnte er brav hinter dem Deutschen herfahren. Durch die doppelte Punktezahl im "Abu Double"-Rennen genügt Hamilton selbst dann Platz zwei, wenn Rosberg gewinnt. Wird Hamilton bei einem Rosberg-Sieg aber nur Dritter, wäre Rosberg Champion.

"In meiner Karriere wäre das der Höhepunkt", sagte der Deutsche, der sich auch als fairer Sportsmann zeigt: "Ich möchte eine sportliche Entscheidung und nicht von einem Hamilton-Ausfall profitieren. Darüber würde ich mich nicht freuen." Grund zur Freude hatte der Brite schon 2011 als Abu Dhabi-Sieger und 2008 in Brasilien, als er in einem dramatischen Finale erstmals Weltmeister wurde.