„So stark wie nie“

Kattowitz · EM-Silber ist Geschichte. In Italien wollen die deutschen Volleyballerinnen ein neues Erfolgskapitel schreiben. Das Ziel bei der WM ist klar: Trainer Giovanni Guidetti will mit seinem Team eine Medaille holen.

Als die WM-Helden Kattowitz am frühen Montagmorgen mit Bronze im Gepäck verließen, hatte noch keiner von ihnen ein Auge zugemacht. Nach der historischen ersten Medaille seit 44 Jahren feierten die deutschen Volleyballer ausgelassen im Teamhotel. In den nächsten Jahren sollen viele Partys und Medaillen folgen - mit Blick auf Olympia 2016 in Rio haben die Schmetterkünstler eine breite Brust.

"Der deutsche Volleyball ist so stark wie noch nie", sagte Präsident Thomas Krohne vom Deutschen Volleyball-Verband (DVV): "Dieser Erfolg ist einfach unbeschreiblich, und diese Mannschaft hat ihn sich so verdient." Krohne hob dabei besonders Bundestrainer Vital Heynen hervor: "Er hat alles aus dieser Mannschaft herausgekitzelt." Selbstverständlich geht der DVV mit Heynen in die Zukunft, der Vertrag mit ihm läuft noch bis nach den Sommerspielen in Brasilien .

Heynen, seit 2012 im Amt, hatte der Mannschaft eingeimpft, dass sie eine Medaille gewinnen kann - und irgendwann glaubten alle an dieses eigentlich viel zu hohe Ziel. Nicht umsonst hatte 40 Jahre lang kein deutsches Team in einem WM-Halbfinale gestanden. "Irgendwann ist es einfach in die Köpfe reingegangen", sagte Kapitän Jochen Schöps: "Er hat einen riesengroßen Anteil an diesem Erfolg. Er ist ein Verrückter, der den Volleyball liebt."

Und dieser Verrückte sorgte dafür, dass die DVV-Auswahl Frankreich im Spiel um Platz drei mit 3:0 vom Parkett fegte. Am späten Sonntagabend gab es nach dem Endspiel, das Polen gegen Brasilien mit 3:1 gewann, Bronze um den Hals. Die Spieler fotografierten sich gegenseitig mit den Medaillen, hüpften auf dem Podest herum und verabschiedeten sich anschließend zur Feier mit Freunden und Familie. Diese endete um 4 Uhr morgens, dann ging es per Bus zum Flughafen nach Warschau und anschließend nach Frankfurt. Heynen und Schöps blieben in Polen und reisten zu ihren Klubs, wo der Trainingsstart bevorsteht.

Nun hoffen die Volleyballer auf eine Fortsetzung der Erfolgsgeschichte. Die EM 2015 in Italien und Bulgarien sowie die Olympia-Qualifikation sind die nächsten Aufgaben, und auch in Rio soll es wieder Edelmetall geben. Allerdings war kein einziges der 13 deutschen WM-Spiele im frei empfangbaren Fernsehen zu sehen, vor dem Halbfinale hatten Lizenzprobleme für Ärger gesorgt. Doch schon zuvor hatte Heynen die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten scharf kritisiert ("Eine Schande"). Dass die Aufmerksamkeit nun schlagartig wächst, glaubt im DVV-Team niemand. "Das braucht Zeit", sagte Schöps.Vor der traumhaften Kulisse der Ewigen Stadt wollen die deutschen Volleyballerinnen die ersten unvergesslichen WM-Momente inszenieren. Nach Silber bei der Heim-EM 2013 peilt die Mannschaft von Bundestrainer Giovanni Guidetti wieder Edelmetall an. Die Bronzemedaille der Männer bei der WM in Polen soll ihr zusätzlichen Schub verleihen. "Wir wollen eine Medaille", sagte Guidetti vor dem ersten Spiel in Rom (heute, 17 Uhr/Sport1) gegen den Weltranglistenzehnten aus der Dominikanischen Republik.

Der Italiener sieht seine Auswahl um Kapitän Margareta Kozuch vor der Maximalzahl von 13 Partien in 19 Tagen auf einem höheren Level als bei der EM 2013. "Damals haben wir im Grunde meist nur mit sieben Spielerinnen gespielt, jetzt ist die Basis viel breiter", erklärte der Vereinstrainer des Spitzenclubs Vakifbank Istanbul. In seinem 14er Kader versammelt Guidetti noch acht Athletinnen aus dem letztjährigen EM-Kader - eine Blutauffrischung war mit Blick auf Olympia in Rio 2016 nötig. "Die jetzige Mannschaft ist besser als die alte", versicherte Guidetti vor seiner dritten WM als Bundestrainer .

Eine WM-Medaille gab es für deutsche Frauen bisher noch nicht. Die letzten drei Tests gegen Belgien liefen reibungslos, Kozuch und Co. bezwangen den EM-Dritten ohne Probleme. Favoriten auf den WM-Coup sind die DVV-Frauen allerdings nicht. Höher einzuschätzen sind Olympiasieger Brasilien und Russland, das die Südamerikanerinnen 2010 im Endspiel bezwang und Guidettis Team 2013 auch EM-Gold wegschnappte.

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