„Mourinho in Röcken“

Clermont-Ferrand · Der französische Fußball-Zweitligist Clermont-Ferrand stellt als erster europäischer Profiverein mit Helena Costa eine Frau als Trainerin ein. Dieser Coup verhilft dem Verein zu großer Aufmerksamkeit. Ob dies förderlich ist?

Helena Margarida dos Santos Costa kann sogar mit dem wenig schmeichelhaften Spitznamen "Mourinho in Röcken" ganz gut leben. Denn die Portugiesin leidet nicht unter mangelndem Selbstvertrauen und stellt sich gelassen der großen Herausforderung. Beim französischen Zweitligisten Clermont-Ferrand (Zentralmassiv) trägt sie künftig als Cheftrainerin die Verantwortung - erstmals wird in Europa ein Männer-Profiteam von einer Frau betreut. Den Spitznamen hat die 36-Jährige im Übrigen nach einem Fortbildungsaufenthalt beim FC Chelsea erhalten, wo sie sich mit Portugals Star-Team-Manager José Mourinho anfreundete.

Costa hat eine erstaunliche und bewegte Geschichte hinter sich. "Es ist ja nicht das erste Mal, dass ich eine Männermannschaft trainiere", sagte Costa und spielte den Coup, den Clermont-Präsident Claude Michy gelandet hat, herunter. "Ich habe schon in Lissabon ein Männerteam trainiert, auch wenn das Amateure waren und keine Profis. Und für mich macht das sowieso keinen Unterschied, ob ich Frauen oder Männer trainiere. Der Fußball ist der gleiche; es spielen elf gegen elf. Es gibt keinen Unterschied." Selbstverständlich wird die Portugiesin sich auch in der Umkleidekabine blicken lassen: "Ich bin ein Trainer, der seinen Spielern sehr nahe ist, und für mich ist es egal, ob sich in der Kabine Frauen oder Männer befinden."

Costa verfügt über eine Lizenz in Sportwissenschaft. Sie begann bei Benfica Lissabon, zunächst als Trainer der Bambini-Mannschaften, dann ab 2005 als Assistent des Trainers der männlichen U17, wurde Vizemeister. Dann übernahm sie eine Amateurmannschaft in der Großregion Lissabon. Parallel dazu wurde sie Talentspäherin für Celtic Glasgow. 2010 wechselte sie nach Katar, um dort den Frauenfußball zu entwickeln. 2012 wurde sie Nationaltrainerin der Frauen-Mannschaft des Iran, den sie 2013 aus "persönlichen Gründen" wieder verließ und nach Portugal zurückkehrte.

"Ich bin Präsident Michy unendlich dankbar, dass er mir diese Chance gibt", sagt Costa bescheiden. Der wiederum erklärt: "Bei Einstellungsgesprächen mit Trainern wechsele ich kein Wort über Fußball. Costa ist eine Frau mit Charakter und dem Willen, zu zeigen, wozu sie fähig ist. Jetzt warten wir ab, was es bringt."

Jedenfalls Scheinwerferlicht für einen Zweitligisten. Selbst Fifa-Präsident Joseph Blatter hat gratuliert: "Eine große Neuigkeit für die Frauen im Fußball." Auch die französische Ministerin für Jugend und Sport, Najat Vallaud-Belkacem, äußerte sich positiv: "Ein Bravo für den Club Clermont Foot, der als erster verstanden hat, dass die Zukunft des Profifußballs darin liegt, den Frauen ihren Platz zu geben."

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