Turn-WM in Stuttgart Dauser will ruhig bleiben, Klessing geht volles Risiko

Stuttgart · Am Schluss-Wochenende der Turn-Weltmeisterschaft in Stuttgart stehen insgesamt vier deutsche Athleten in Gerätefinals.

 Lukas Dauser von der TG Saar zeigte im WM-Vorkampf am Barren die beste Übung.

Lukas Dauser von der TG Saar zeigte im WM-Vorkampf am Barren die beste Übung.

Foto: dpa/Marijan Murat

Nick Klessing kann so schnell nichts erschüttern. Vor dem Ringe-Finale bei der Turn-WM wirkt der 21-Jährige voll konzentriert und in sich ruhend. Dabei turnt der Hallenser an diesem Samstag (16 Uhr/SWR Livestream/ab 18.30 ARD) ein nicht ungefährliches Element, das außer ihm keiner der 201 Ringe-Akrobaten bei den Titelkämpfen in der Hanns-Martin-Schleyer-Halle wagt: einen dreifachen Salto rückwärts gehockt als Abgang.

„Ja, ich bin hier der Einzige“, bestätigt der angehende Polizeimeister aus Halle. Seine Erklärung, warum er das tut, ist so einfach wie logisch. Er tut sich schwer mit Längsachsendrehungen. Und zusätzliche Schrauben sind die einzige Möglichkeit, den Schwierigkeitsgrad bei Doppel-Saltos, also zwei Drehungen um die Körperbreitenachse, signifikant zu erhöhen. So blieb Klessing nur eine Lösung: einen Salto mehr als alle anderen zu turnen. „Ich komme mit anderen Abgängen nicht so zurecht. Ich bin halt mehr für Breitenachsendrehungen gebaut“, erklärt der mit knapp 1,60 Meter kleinste deutsche WM-Turner schmunzelnd.

Ein Dreifach-Salto ist deshalb mit besonders hohem Risiko verbunden, weil nur Millisekunden bleiben, um die schnelle Rotation abzubremsen, den Körper aus der engen Hockposition zu strecken, um dann im sicheren Stand zu landen. Das gelang Klessing beim Team-Wettkampf so perfekt, dass er als Siebtbester mit der Note von 14,566 Punkten ins Gerätefinale einzog. Die Unterschiede sind minimal: Der Beste im Vorkampf war der Türke Ibrahim Colak (14,858 Punkte).

Klessings Teamkollege Lukas Dauser von der TG Saar hat einen Tag länger Vorbereitungszeit. Das Barren-Finale steigt erst Sonntag (13 Uhr/ZDF). Die Medaillen-Chance des Unterhachingers ist noch größer als die von Klessing, zumal er sich mit der höchsten Note (15,033 Punkte) qualifizierte. Anders als der eigentlich weltbeste Barren-Turner Zou Jingyuan. Der Chinese leistete sich im Vorkampf einen dicken Patzer und verpasste den Endkampf. „Mir wäre es lieber, er wäre im Finale dabei und würde da verturnen“, sagt Dauser verschmitzt. Der Finaleinzug des 26-Jährigen ist eigentlich ein kleines Wunder. Vor rund vier Wochen humpelte er nach einem Bänderanriss im Fuß noch an Krücken, nun turnt er um Gold: „Wahnsinn! Ich will meine beste Übung zeigen.“ Wie Klessing wird auch Dauser in der mit 7500 Zuschauern ausverkauften Hanns-Martin-Schleyer-Halle von der Familie und zahlreichen Freunden unterstützt. „Trotzdem will ich mich am Gerät nicht aus der Ruhe bringen lassen“, sagte Dauser, „immerhin sind acht Weltklasseturner im Finale, und ich gehöre zu ihnen. Das gibt ein bisschen Sicherheit.“

Auch Deutschlands Top-Turnerinnen Elisabeth Seitz und Sarah Voss dürfen noch mal ran. Die Mehrkampf-Sechste Seitz turnt am Samstag im Stufenbarren-Finale, die Mehrkampf-Zehnte Voss bestreitet am Sonntag am Schwebebalken das erste WM-Gerätefinale ihrer Karriere.

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