Der Wind, der Wind . . .

Oberstdorf · Das turbulente Winterwetter hat das Auftaktspringen der Vierschanzentournee in Oberstdorf durcheinandergewirbelt. Wegen zu starken Windes wurde der Wettbewerb abgebrochen. Neuer Termin: heute.

Als der Auftakt der 63. Vierschanzentournee zum Skandalspringen zu verkommen drohte, siegte doch noch die Vernunft. Nach einem fast dreistündigen, nervenaufreibenden Geduldsspiel brach die Jury den ersten Wettbewerb der deutsch-österreichischen Traditionsveranstaltung am Sonntag ab und sorgte mit der Verschiebung auf heute (17.30 Uhr) auch im deutschen Lager für entspannte Mienen. "Ich bin erleichtert. Es war nicht ungefährlich und hat keinen Sinn mehr gemacht. Für den Sport war es die richtige Entscheidung", sagte Bundestrainer Werner Schuster.

Er hatte gleich doppelten Grund zur Freude, denn Team-Olympiasieger Marinus Kraus hatte zuvor für eine Schrecksekunde gesorgt. Der Bayer wurde von einer starken Böe erfasst und vermied nur mit größter Mühe einen Sturz. "Die Bedingungen waren kritisch. Ich hatte Glück, dass ich nicht auf die Nase gefallen bin. Schade, dass die Umstände zum Tourneestart nicht schön waren", sagte der 22-Jährige nach seiner Landung bei 101 Metern. "Ich bin froh, dass er auf den Beinen gelandet ist", bekannte Schuster: "Das war sehr, sehr knapp."

Als Saisonaufsteiger Markus Eisenbichler mit verkürztem Anlauf nur auf 112,5 Meter kam, hatte die Jury endlich ein Einsehen und vertagte das Springen. "Ich habe einen sehr guten Sprung gemacht, hatte bei Rückenwind aus dieser Luke aber keine Chance", berichtete Eisenbichler.

Im dichten Schneetreiben von Oberstdorf wurden auch die deutschen Hoffnungsträger Severin Freund und Richard Freitag auf eine harte Geduldsprobe gestellt. Wegen des stürmischen Windes musste die Jury den Start des Wettbewerbes zunächst immer wieder verschieben, nachdem bereits der Probedurchgang ausgefallen war. 94 Minuten nach dem für 16.30 Uhr geplanten Beginn flog der Japaner Junshiro Kobayashi unter dem Jubel der 24 500 Fans, die bei Minustemperaturen stundenlang ausharrten, endlich als erster Starter ins Tal. Doch die Freude währte nur kurz, denn danach ging wieder nichts.

"Es ist der Klassiker. Bei Wind und Schnee ist es schwer, Bedingungen zu schaffen, um einen fairen Wettbewerb durchzuführen. Wir müssen uns nach den Bedürfnissen der Athleten richten", sagte FIS-Renndirektor Walter Hofer in der ARD . Das war bei Kraus nicht der Fall, der danach leise Kritik äußerte. "Die Jury hat im Viertelstundentakt verschoben. Das ist der Horror pur, weil wir keine Ruhe haben", stellte er fest. Teamkollege Andreas Wank nahm die Warterei dagegen gelassen. "Ich bin nicht genervt, sondern freue mich auf das Springen. Es funktioniert ganz gut, die Spannung zu halten, auch wenn man aufgrund der kurzfristigen Entscheidungen auf dem Sprungturm bleiben muss", sagte Wank.

Etwas besser erwischten es Freund und Freitag, die später an der Reihe sein sollten. Sie konnten sich im Springerlager die Zeit vertreiben. Für einige Rivalen war dies nur ein schwacher Trost. "Ich habe mich schon zum dritten Mal aufgewärmt", klagte der Österreicher Stefan Kraft. Und ÖSV-Cheftrainer Heinz Kuttin betonte: "Es ist ganz schwierig, die Wettkampfspannung aufrechtzuerhalten. Da muss man mental stark sein."

Die bisher einzige Absage eines Springens in der 62-jährigen Tournee-Geschichte gab es am 4. Januar 2008. Der Wettbewerb in Innsbruck fiel damals einem starken Föhnsturm zum Opfer und wurde nach Bischofshofen verlegt, wo dann zwei Wettbewerbe ausgetragen wurden.

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