Der Trostpreis lindert die Enttäuschung

Wolfsburg · Bayern München hat vorzeitig die fünfte Meisterschaft in Serie und die 27. insgesamt gewonnen – dank eines 6:0-Erfolges in Wolfsburg.

 Der Münchner Trainer Carlo Ancelotti feiert mit seiner Mannschaft und den Fans den deutlichen 6:0-Sieg beim abstiegsbedrohten VfL Wolfsburg und den Gewinn der deutschen Meisterschaft. Foto: Steffen/dpa

Der Münchner Trainer Carlo Ancelotti feiert mit seiner Mannschaft und den Fans den deutlichen 6:0-Sieg beim abstiegsbedrohten VfL Wolfsburg und den Gewinn der deutschen Meisterschaft. Foto: Steffen/dpa

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Carlo Ancelotti drückte Karl-Heinz Rummenigge ein zärtliches Küsschen auf die Wange, dann schnappte sich Kapitän Philipp Lahm im roten Meister-Shirt das Megafon und gab nach dem letzten Titelgewinn seiner Karriere den Startschuss zu einer spontanen Party: Als die Stars von Bayern München ihre 27. Meisterschaft mit einer 6:0 (3:0)-Gala beim VfL Wolfsburg unter Dach und Fach gebracht hatten, ließen sie es im Stile eines Rekordchampions krachen - und wischten zumindest zeitweise den Frust über das enttäuschende Abschneiden in Champions League und DFB-Pokal beiseite.

"Wenn sie keinen Gin-Tonic in der Kabine haben, nehme ich nichts", sagte Mats Hummels nach dem Abpfiff breit grinsend. Zwar sollte sich die Sehnsucht des Weltmeisters nach einem kalten Mischgetränk in Wolfsburg nicht erfüllen. Doch auf dem Heimflug, in einem Restaurant in der bayrischen Landeshauptstadt und schließlich bis in die frühen Morgenstunden im Münchner Nachtleben begossen die Bayern ihre historische fünfte Meisterschaft in Serie doch noch gebührend.

"Diese Bundesliga-Saison war eine fantastische Erfahrung, die Mannschaft hat einen sehr guten Job gemacht", sagte Ancelotti, der vor der rot-weißen Fankurve ausgelassen tanzte und sang. Vorstandsboss Rummenigge hatte sich schon vor dem Abpfiff mit seinen Kollegen auf der Tribüne das erste Titel-Bierchen aus einem Plastikbecher gegönnt. "Die Meisterschaft ist der ehrlichste Titel, das haben wir vor der Saison gesagt", meinte Rummenigge: "Den haben wir nun zum fünften Mal in Folge gewonnen - und das ist etwas Außergewöhnliches."

Präsident Uli Hoeneß jubelte bei einem Fan-Treffen in München über die Treffer von David Alaba (19. Minute), Robert Lewandowski (36. und 45.), Arjen Robben (66.), Thomas Müller (80.) und Joshua Kimmich (85.). "Wir alle müssen endlich mal darauf hinweisen, dass es immer noch etwas ganz Besonderes ist, deutscher Meister zu werden", sagte der Vereinspatron: "Wir müssen aufhören, uns eine Meisterschaft schlechtreden zu lassen."

Tatsächlich hat der Verein erneut seine nationale Dominanz eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Doch die Ausbeute mit einem Titel entspricht eben nicht dem enormen Anspruchsdenken des deutschen Branchenriesen.

"Eigentlich hätten wir in der nächsten Woche ein Spiel haben müssen, aber das war uns nicht vergönnt", sagte Arjen Robben und spielte damit auf das anstehende Champions-League-Halbfinale an, das ohne den FC Bayern stattfindet. Das Aus gegen Real Madrid schmerzt noch immer, noch frischer ist die frustrierende Erinnerung an die 2:3-Niederlage im Pokal-Halbfinale gegen Borussia Dortmund. "Wir können es noch besser machen", sagte Ancelotti in einem ersten Fazit über seine Premieren-Saison. Der Triple-Traum erfüllte sich auch nach dem Abgang von Pep Guardiola nicht, die Münchner werden nun viele Steine umdrehen, damit es in Zukunft nicht bei dem "Trostpreis" Meisterschaft bleibt.

"Wir haben nicht diesen arroganten Anspruch, jedes Jahr das Triple zu gewinnen", sagte Rummenigge zwar. Aber: "Auf Dauer ist ein Titel schon ein bisschen wenig für uns", meinte Hoeneß und bestätigte: Über neue, Millionen schwere Stars werde nun ebenso diskutiert wie über den vakanten Sportdirektoren-Posten.

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