Der Torklau von Donezk Das Wembleytor, das Revanchetor, ein Phantomtor und ein Tor, das keines war

Donezk. Nach dem Torklau von Donezk hat Joseph Blatter vehement die Einführung technischer Hilfsmittel für Schiedsrichter gefordert und den Druck auf die Technik-Gegner bei der Uefa erhöht. "Nach dem Spiel der vergangenen Nacht ist die Torlinien-Technologie keine Alternative mehr, sondern eine Notwendigkeit", sagte der Boss des Fußball-Weltverbandes Fifa gestern

 Englands John Terry "rettet" die Engländer mit einer spektakulären Grätsche vor dem Ausgleich - dabei war der Ball hinter der Linie. Nur der Schiri sah es nicht. Foto: PARNABY/dpa

Englands John Terry "rettet" die Engländer mit einer spektakulären Grätsche vor dem Ausgleich - dabei war der Ball hinter der Linie. Nur der Schiri sah es nicht. Foto: PARNABY/dpa

Donezk. Nach dem Torklau von Donezk hat Joseph Blatter vehement die Einführung technischer Hilfsmittel für Schiedsrichter gefordert und den Druck auf die Technik-Gegner bei der Uefa erhöht. "Nach dem Spiel der vergangenen Nacht ist die Torlinien-Technologie keine Alternative mehr, sondern eine Notwendigkeit", sagte der Boss des Fußball-Weltverbandes Fifa gestern.Der Aussetzer des ungarischen Torrichters, der den Treffer von Marko Devic bei der 0:1-Niederlage der Ukraine gegen England nicht erkannte, stürzt vor allem Uefa-Präsident Michel Platini in Erklärungsnot. Der Franzose hatte nur 24 Stunden zuvor bekräftigt, eine "menschliche Lösung" zu favorisieren. Das Echo auf die fatale Fehlentscheidung dürfte ihm mächtig in den Ohren geklingelt haben. "Fünf Schiedsrichter und kein Tor: Der Ukraine wird ein klarer Treffer verweigert. Wie viele Referees braucht man noch?" schrieb die ukrainische Zeitung "Segodnja". Klare Worte kamen auch von Felix Magath und Theo Zwanziger. "Ein glasklares Tor wurde nicht gegeben, weil ein Signal aus dem Ball nicht vorhanden, der Blick auf den Monitor nicht gestattet, technische Hilfsmittel zur Erkennung eines Treffers nicht vorhanden (sind). Es ist Zeit zu handeln", erklärte Wolfsburg-Trainer Magath. "Ich habe nichts gegen den Einsatz einer Torkamera, sofern sie technisch ausgereift ist", sagte der frühere DFB-Präsident Zwanziger. Was die Gemüter so erregte, war eine Szene nach gut einer Stunde Spielzeit. Es lief die 62. Minute an diesem denkwürdigen Abend in der Donbass Arena in Donezk. Ein Schuss des ukrainischen Angreifers Marko Devic senkte sich über Englands Torwart Joe Hart hinab. Der Ball überquerte knapp, aber deutlich sichtbar für alle Fernsehkameras die Linie, bevor ihn Englands John Terry wieder ins Feld beförderte.

Was alle TV-Kameras einfingen, was alle Menschen im Stadion später zu sehen bekamen und was als die Fehlentscheidung dieser EM-Vorrunde in die Rückblicke eingehen wird, hatte der ungarische Torrichter Istvan Vad nicht erkannt. Das Spiel lief weiter, die Ukraine war um den verdienten Ausgleich gebracht. Für die Turnierstimmung ein herber Verlust, für die Europäische Fußball-Union ein schwerer Rückschlag. "Das ist das Turnier mit den besten Schiedsrichterleistungen bisher", hatte Platini noch am Montag in seiner Vorrundenbilanz gesagt und seine Kritik an der von der Fifa favorisierten Torlinientechnologie erneuert. "Man braucht solche Systeme nicht, Technik, Satellit, GPS oder Chip im Ball", hatte der Franzose betont und gesagt, dass das legendäre nicht-gegebene Tor von Frank Lampard im Spiel gegen Deutschland bei der WM 2010 in Südafrika mit einem Torrichter auf alle Fälle erkannt worden wäre. "Weil es sein Job ist, zu sehen, ob der Ball hinter der Linie ist", begründete Platini. dpa

Berlin. Seit dem WM-Finale 1966 hat es mehrere spektakuläre Fälle gegeben, in denen Treffer zu Unrecht anerkannt wurden oder nicht zählten.

Das Wembleytor: Das vermeintliche 3:2 des Engländers Geoff Hurst im Endspiel der Weltmeisterschaft 1966 gegen Deutschland: Bis heute ist ungeklärt, ob der Ball, der von der Latte absprang, in Gänze hinter der Torlinie aufsprang.

Die Revanche: 44 Jahre später hat die DFB-Auswahl in Südafrika im WM-Achtelfinale das Glück auf ihrer Seite. Kurz nach dem 1:2-Anschlusstreffer der Engländer prallt ein Schuss von Frank Lampard von der Lattenunterkante klar hinter der Torlinie auf. Das Tor wurde aber nicht gegeben.

Helmers Phantomtor: Im Bundesligaspiel zwischen Bayern München und dem 1. FC Nürnberg am 23. April 1994 drückt Thomas Helmer den Ball neben das von Andreas Köpke gehütete Tor. Schiedsrichter Hans-Joachim Osmers entscheidet nach Befragen seines Linienrichters Jörg Jablonski trotzdem auf Tor zum 1:0. Nürnberg protestierte mit Erfolg. Das Wiederholungsspiel gewann Bayern 5:0.

Das Duisburger Witztor: Beim 5:0-Sieg des MSV Duisburg gegen den FSV Frankfurt in der 2. Liga am 17. Januar 2010 prallt ein Schlenzer von Christian Tiffert gegen die Latte, der Ball springt nach Berechnungen des Fernsehsenders Sky 1,3 Meter vor der Linie auf. Schiedsrichter Marco Fritz gibt das Tor dennoch. dpa

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