Der Draufgänger und sein ruhiger Kumpel

Peking. Auf den ersten Blick wirkt Patrick Hausding wie ein schüchterner junger Mann. Fast regungslos sitzt der 19-Jährige tief unten im Bauch des gewaltigen Pekinger Wasserwürfels, und das einzige, was sich bei ihm ständig bewegt, sind die Hände. Unentwegt knibbelt Hausding an seinen Fingern herum

 Patrick Hausding (links) und Sascha Klein auf dem Sprung zu Silber. Foto: dpa

Patrick Hausding (links) und Sascha Klein auf dem Sprung zu Silber. Foto: dpa

Peking. Auf den ersten Blick wirkt Patrick Hausding wie ein schüchterner junger Mann. Fast regungslos sitzt der 19-Jährige tief unten im Bauch des gewaltigen Pekinger Wasserwürfels, und das einzige, was sich bei ihm ständig bewegt, sind die Hände. Unentwegt knibbelt Hausding an seinen Fingern herum. Das wirkt alles ein bisschen abwesend - doch dann greift der Berliner nach dem silbernen Edelmetall, das auf seiner schmalen Brust ruht. Das Beweisstück, dass er an diesem Nachmittag zwischendurch körperlich und geistig voll auf der Höhe war.

Hausding hat an der Seite des Aacheners Sascha Klein beim Synchronspringen vom Zehn-Meter-Turm olympisches Silber gewonnen. Hinter den beiden blutjungen Chinesen Yue Lin (17) und Liang Huo (18), und vor dem russischen Duo Gleb Galperin und Dmitri Dobroskok. Und weil Patrick Hausding nur defensiv wirkt, in Wahrheit jedoch ein richtiger Draufgänger ist, legt er sich im Augenblick des stillen Glücks auch mit den einsamen Regenten der Springerbranche an. Zumindest verbal. "Gold in vier Jahren in London und dabei die Chinesen schlagen?", überlegt Hausding und sagt dann, ohne mit der Wimper zu zucken: "Das ist auf alle Fälle möglich."

Der zweite Platz auf dem Podium ist ihnen also immer noch nicht hoch genug - eine Haltung, an der sich etwa die deutschen Schwimmer prinzipiell ein Beispiel nehmen sollten. Aber Wagemut, mit dem Mund und beim Sport, müssen Turmspringer von Haus aus mitbringen, wenn sie sich aus zehn Metern ständig in die Tiefe stürzen. "12000 bis 16000 Sprünge", hat Cheftrainer Lutz Buschkow nach der zweiten Medaille seiner Abteilung im zweiten Wettkampf rasch hochgerechnet, seien Klein und Hausding in diesem Jahr bislang jeweils gesprungen. Nicht immer aus zehn Metern Höhe, trotzdem betont Walter Alt, Vorsitzender der DSV-Sparte Wasserspringen: "Wer Synchronspringen vom Turm macht, der darf auf jeden Fall kein Schisser sein."

Ein Anforderungsprofil, dass Patrick Hausding im Übermaß erfüllt. "Zwei ordentliche junge Burschen, die beide gerne Gag und Gaudi haben", umschreibt Lutz Buschkow das Duo - wobei einer der beiden immer eine extragroße Portion Gaudi braucht. "Der Patrick", verrät der Coach, "verletzt sich schon mal häufiger - weil er nicht immer alles, was er macht, vorher so richtig durchdenkt." Ein unscheinbarer Draufgänger eben.

Mit dem Sportsoldaten Klein (23) verläuft die Zusammenarbeit dagegen vollkommen entspannt. "Der Sascha ist ein bisschen ruhiger", sagt Buschkow. Klein war nach dem misslungenen vierten der insgesamt sechs Sprünge gestern auch derjenige, der das Duo wieder in die Spur brachte. "Ich habe den Fehler gemacht, das hat mich angekotzt", erzählte Patrick Hausding. Wie gut, dass er da seinen Partner hatte.

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