Das syrische Juwel

Mönchengladbach · Seit Mahmoud Dahoud bei Mönchengladbach das Mittelfeld beackert, läuft es wieder bei der Borussia. Heute steht die große Bewährungsprobe in der Champions League bei Juventus Turin an.

Flüchtlinge aus Syrien sind derzeit ein zentraler Bestandteil des aktuellen Nachrichtenflusses. Auch in der Sportberichterstattung tauchen immer wieder Menschen auf, die dem Krieg in ihrer Heimat entkommen sind und nun in deutschen Vereinen Anschluss finden. Dass einer der aufregendsten Bundesligafußballer der vergangenen Wochen in Syrien geboren wurde und eine Flüchtlingsgeschichte hat, dringt erst an die Öffentlichkeit. Mahmoud Dahoud ist nicht nur ein leuchtendes Beispiel dafür, dass die Integration funktionieren kann, sondern ein äußerst wichtiger Bestandteil des erstaunlichen Mönchengladbacher Aufschwungs. Beim 5:1 in Frankfurt am vorigen Samstag war Dahoud der überragende Spieler, erzielte ein Tor, war an zwei weiteren direkt beteiligt und wurde gefeiert wie ein großer Held.

"Mo nutzt seine Chance eindrucksvoll", sagt Sportdirektor Max Eberl vor dem Spiel der Gladbacher bei Juventus Turin in der Champions League und wirkt dabei, als komme ihm selbst dieses Lob nur schwer über die Lippen. Sie sind extrem vorsichtig mit dem 19-Jährigen. TV-Interviews gibt er noch gar nicht, alle Anfragen zu seiner Flucht und seiner Kindheit im rheinischen Reusrath werden abgelehnt. Dahoud soll sich auf seine Hauptaufgabe konzentrieren - und die bewältigt er bravourös. "Ich genieße diese Zeit gerade in vollen Zügen, ich hebe nicht ab, sondern will demütig sein und jeden Tag an mir arbeiten", versichert er.

Bereits im Sommer 2013 tauchte er bei den Profis auf. "Ein 17-Jähriger sorgt für Furore" schrieb der "Kicker", nachdem der Mittelfeldspieler beim Telekom-Cup erstmals bei den Profis gespielt hatte. In den Monaten danach griff Ex-Trainer Lucien Favre gerne auf sein anerkennendes "Oh la la" zurück, wenn er nach Dahoud gefragt wurde. Den Mut, den im Gladbacher Nachwuchszentrum ausgebildeten Spieler in der Bundesliga einzusetzen, hatte Favre aber zwei Jahre lang nicht. Das lag einerseits daran, dass sich unter der Belastung bei den Profis Dahouds Fußballgelenke entzündeten. Aber selbst als das Talent über weite Strecken der vorigen Saison fit war und im Sommer ein Nachfolger für den nach Leverkusen gewechselten Christoph Kramer gesucht wurde, fehlte Favre der Mut, sein Juwel auf der Position im defensiven Mittelfeld einzusetzen.

Erst am fünften Spieltag in Köln durfte er sein Debüt in einer Bundesligastartelf feiern. Einen Tag später war Favre weg - und Dahoud nicht mehr wegzudenken. "Es ist schön, es ist ein Knoten geplatzt für mich. Es tut gut, das Vertrauen vom Trainer zu spüren, und auch von den Kollegen anerkannt zu werden", sagt er.

Experten vergleichen Dahoud mit Nationalspieler Ilkay Gündogan, der ähnlich geschickt darin ist, sich mit dem Ball am Fuß durch die engen Räume des Mittelfeldes zu bewegen, um das Spiel dann mit klugen Pässen zu öffnen. In Turin trifft er nun erstmals auf ein internationales Spitzenteam. "Turin hat viele abgezockte Spieler", sagt er. "Aber solche Spiele muss man genießen."Ein Heimsieg ist Pflicht: Für den VfL Wolfsburg führt heute gegen PSV Eindhoven (20.45 Uhr/Sky) kein Weg an einem Sieg vorbei, um weiter vom Erreichen der K.o.-Runde träumen zu können. Im Anschluss wartet nämlich ein Hammer-Programm mit zwei Auswärtspartien und einem Heimspiel gegen Manchester United . "Nach Möglichkeit sollte man zu Hause gewinnen", sagte VfL-Manager Klaus Allofs . Auch Julian Draxler, mit Ex-Klub Schalke 04 schon vier Mal im Achtelfinale der Königsklasse, meinte: "Vor allem zu Hause musst du die Punkte holen, wenn du im Wettbewerb überwintern willst."

Nach einem Sieg gegen ZSKA Moskau (1:0) und einer Niederlage bei ManU (1:2) hat der VfL in der Gruppe B drei Punkte auf dem Konto - genauso viele wie die drei Rivalen. Selbstvertrauen schöpfte der Vizemeister am Wochenende beim 4:2 gegen 1899 Hoffenheim, auch wenn Torjäger Max Kruse mahnte: "Wir dürfen uns nicht blenden lassen. Am Mittwoch fangen wir wieder bei null an und treffen auf einen ausgesprochen starken Gegner."

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