Bernhard will es im neuen Jahr wieder wissen

Saarbrücken · Am Wochenende startet der Homburger Porsche-Pilot Timo Bernhard in den USA die neue Saison – bei den 24 Stunden von Daytona. Doch das ist quasi nur das Aufwärmprogramm, denn das Jahr 2014 ist ein ganz besonderes.

 Rennfahrer Timo Bernhard (links) arbeitet mit Oliver Muelbredt im Kraftraum an der Sportschule an seiner Fitness. Foto: Wieck

Rennfahrer Timo Bernhard (links) arbeitet mit Oliver Muelbredt im Kraftraum an der Sportschule an seiner Fitness. Foto: Wieck

Foto: Wieck

Gewaltig zieht das Gummiband an der Stirn. Mit aller Kraft versucht Timo Bernhard, den Kopf dennoch gerade zu halten. Sein Blick ist fokussiert. Mit den Händen hält er das Lenkrad am Anschlag. "Noch 10, 9, 8, 7 . . .", zählt Oliver Muelbredt nach unten. Bei null löst der Diplom-Sportlehrer das Gummiband. Bernhard pustet durch, sein Kopf ist rot vor Anstrengung.

"Wir simulieren hier Fliehkräfte von mehr als 4 G. Das entspricht dem, was in Kurven auf die Fahrer in den Sportwagen einwirkt", erklärt Muelbredt. Das Trainingsgerät, das im Kraftraum am Saarbrücker Olympiastützpunkt (OSP) steht, wurde eigens für Bernhard entwickelt. "Nur für Rennfahrer" steht auf einem Schild. Aus Spaß hatte neulich ein Ringer das Gerät mal ausprobiert. Muelbredt erzählt lachend: "Ringer haben ja auch gut ausgebildete Nackenmuskeln. Aber am nächsten Tag hat er angerufen und geflucht, dass er tierischen Muskelkater hat."

Die Belastung dauert 40 Sekunden pro Durchgang - also deutlich länger als die vier bis fünf Sekunden, in denen Bernhard durch eine Kurve schießt. Das stählt die Nackenmuskeln. "Ich bin fit wie nie", sagt Bernhard (32). 2012 nach seinem schweren Testunfall hatte er sein Training nochmal intensiviert: drei Mal die Woche Athletik-Training am OSP, vier Mal Ausdauer-Training. "2013 bin ich 1600 Kilometer gelaufen", erzählt der Rennfahrer.

Mittlerweile ist er an der nächsten Trainingsstation: 30 Kilo Gewicht zerren an seinem Kopf. Bernhard fängt dicke Medizinbälle, die ihm Muelbredt zuwirft. "Damit schulen wir die Koordination unter Belastung", erklärt der Trainer: "Der Kopf ist fixiert, der Rumpf muss beweglich bleiben." Zwei Stunden dauert das Training insgesamt, es ist die letzte Einheit vor dem Saisonstart.

Nach vielen Stunden in der "Folterkammer" am OSP geht es an diesem Wochenende wieder in die freie Wildbahn. In den USA fährt Bernhard für das Team eines Porsche-Händlers aus Denver das 24-Stunden-Rennen von Daytona - in der GT-Klasse. Start ist an diesem Samstag um 20 Uhr unserer Zeit. Der Homburger freut sich riesig, denn er will es wieder wissen: "2012 bin ich wegen meines Unfalls kaum zum Fahren gekommen. 2013 habe ich im zweiten Halbjahr vor allem Test- und Entwicklungsarbeit gemacht. Jetzt will ich endlich wieder Rennen fahren und um Punkte kämpfen."

Daytona ist dabei nur das Aufwärm-Programm. Denn dieses Jahr kehrt Porsche mit einem Le-Mans-Prototypen in den großen Motorsport zurück - 16 Jahre nach dem letzten Sieg bei dem Langstreckenklassiker. Seit mehr als einem Jahr wird in Weissach an dem Boliden gebaut. Bernhard durfte im Juni 2013 die Jungfernfahrt mit dem Auto machen. "Das war eine große Ehre für mich", sagt der gebürtige Homburger, der jetzt in Bruchmühlbach-Miesau wohnt.

Porsche greift gerne auf die Erfahrung des 32-Jährigen zurück. Bernhard ist seit 1999 Werksfahrer, 2010 holte er als "Leihgabe" für Audi den Sieg bei den 24 Stunden von Le Mans. "Jetzt so intensiv in die Entwicklung eines Autos eingebunden zu sein, ist traumhaft. So eine Chance bekommst du nur ein Mal im Leben." Bernhard teilt sich sein Auto mit Ex-Formel-1-Star Mark Webber. Das Ziel ist klar: "Wir wollen auf Anhieb zeigen, dass wir konkurrenzfähig sind", sagt Bernhard. Damit sich die Schufterei am OSP auch gelohnt hat.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort