Auf dem Weg zur Krone
Singapur · Der Singapur-Fluch ist besiegt: Bei der vierten Teilnahme am WTA-Finale hat Angelique Kerber erstmals das Halbfinale erreicht. Mit zwei weiteren Siegen könnte die Kielerin ihre starke Saison krönen.
Angelique Kerber strahlte und warf Kusshände ins Publikum. Nach dem dritten Sieg im dritten Spiel kommt die Weltranglistenerste der Krönung ihrer märchenhaften Saison beim WTA-Finale immer näher. Nur zwei Erfolge trennen die Branchenführerin nach dem 6:3, 6:3 gegen Madison Keys (USA) noch von der Masters-Krone. "Ich bin sehr glücklich, der erste Schritt ist getan. Jetzt freue ich mich auf das Halbfinale am Samstag", sagte Gruppensiegerin Kerber und kündigte an: "Ich bin voller Selbstvertrauen und werde weiter versuchen, mein Spiel zu spielen."
Ein Nervenspiel blieb der US-Open-Siegerin zum Abschluss der Vorrunde erspart. Ihren ersten und vorzeitigen Sprung ins Semifinale der inoffiziellen WM hatte zuvor bereits der 6:3, 7:6-Sieg von Dominika Cibulkova (Slowakei) gegen die Rumänin Simona Halep besiegelt. Nur ein Zweisatz-Sieg von Halep und eine Zweisatz-Niederlage von Kerber gegen Keys hätte die Kielerin noch um das Halbfinale bringen können. Bei ihren vorherigen drei Teilnahmen am WTA-Finale war die Linkshänderin jeweils nach der Vorrunde ausgeschieden. Kerber trifft an diesem Samstag entweder auf Titelverteidigerin Agnieszka Radwanska (Polen) oder Karolina Pliskova (Tschechien).
In der Neuauflage des olympischen Halbfinals gegen Keys profitierte die Rio-Silbermedaillengewinnerin von den leichten Fehlern der Amerikanerin. Bezeichnend, dass Keys den ersten Satz mit ihrem 16. ungezwungenen Fehler abgab. Kerber agierte gewohnt solide, hatte aber Probleme mit ihrem Aufschlag. Im 79. Match der Saison lag sie im zweiten Durchgang schon mit 0:2 zurück. Doch Kerber gewann die nächsten fünf Spiele. "Ich habe gut returniert und mich gut bewegt. Ich bin bislang zufrieden mit meiner Leistung", meinte sie.
Kerber besiegte damit auch endgültig ihren Singapur-Fluch. Exakt vor zwölf Monaten hätte an gleicher Stätte ein Satzgewinn gegen Lucie Safarova (Tschechien) gereicht, um das Halbfinale zu erreichen. Doch "Angie" verkrampfte, zog sich in den Pausen ein Handtuch über den Kopf und rief ihrem Trainer Torben Beltz zu: "Ich pack' das nicht." Ein Jahr später ist Kerbers Welt eine konträre. "Ich glaube, ich bin jetzt eine ganz andere Spielerin, eine ganz andere Person", sagte Kerber: "Der Druck ist nicht mehr so das Hindernis." Egal wie das Turnier ausgeht, für Kerber steht danach erst einmal Urlaub an - ehe im November die Vorbereitung auf die kommende Saison beginnt.
