Von Adligen im 19. Jahrhundert

Birkenfeld · Am Anfang standen zwei Fürstentümer, am Ende die Landkreise Birkenfeld und St. Wendel. Ein Vortrag verglich die Entwicklung dieser Territorien im 19. Jahrhundert.

 Referent Hans-Peter Brandt bei seinem Vortrag. Foto: Kulani

Referent Hans-Peter Brandt bei seinem Vortrag. Foto: Kulani

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Zwei grundverschiedene Fürsten. Zwei ungewollte Landstriche. Und zwei unterschiedliche Entwicklungen. Derart war die Geschichte der Fürstentümer Birkenfeld und Lichtenberg im 19. Jahrhundert. Einen Vergleich dieser beiden Territorien, die die Keimzellen der heutigen Landkreise St. Wendel und Birkenfeld waren, lieferte der Historiker Hans-Peter Brandt im Birkenfelder Schloss. Der Vortrag war Teil einer Reihe der Kulturlandschaftsinitiative St. Wendeler Land (Kulani), die die Vergangenheit der Region anschaulich erzählen will. Um die Wechselbeziehungen zwischen den Regionen darzustellen, gastiert die Kulani auch bei den Nachbarn.

Alles nahm 1815 seinen Anfang. Europa sollte nach den Napoleonischen Kriegen neu geordnet werden. Jene, die auf der Siegerseite standen, verlangten ihren Lohn: Geld oder Land. Darunter: Ernst I. von Sachsen-Coburg und Peter I. von Oldenburg. Es wurde eifrig verhandelt. Peter plante, seinen Besitz an der Nordsee zu vergrößern, Ernst schielte auf Teile Thüringens. So kam es aber nicht. Beide erhielten stattdessen Gebiete, die mehrere Tagesreisen vom Stammsitz entfernt lagen. Brandt: "Nördlich der Nahe entstand Birkenfeld, das an Oldenburg fiel. Südlich davon wurde für Ernst I. Lichtenberg eingerichtet." Zu Birkenfeld gehörte auch das Amt Nohfelden, der Regierungssitz des Fürstentums Lichtenberg war St. Wendel. Beide Fürsten waren sauer. Peter I. lehnte zornig den Großherzogstitel ab, der ihm verliehen wurde. Erst sein Sohn nannte sich so. Ernst I. wollte seinen ungewollten neuen Besitz schnell los werden. Dennoch: Beide mussten die Situation zunächst akzeptieren.

Und sie taten dies auf unterschiedliche Art und Weise. "Ernst I. quetschte das Land aus, um seine Kassen zu füllen. Peter I. hingegen verlangte von seinen Beamten, väterlich mit den neuen Untertanen umzugehen", erklärte Brandt. Der Oldenburger war ein aufgeklärter Herrscher, verzichtete in Birkenfeld auf Militär, ließ repräsentative Bauten errichten, kümmerte sich um seine Birkenfelder. Sein Nachbar waltete und schaltete nach Belieben - immer auf der Suche nach der nächsten Gelegenheit, Geld aus Lichtenberg zu tragen. Seine ungewollten Untertanen sollten nicht aufmucken. Das taten sie trotzdem. Brot und Freiheit verlangten sie und gingen auf die Barrikaden. Im Vormärz, jener Zeit bis zur Revolution von 1848/49, keine Seltenheit. "Im Birkenfeld sind Unruhen während dieser Zeit nicht bekannt", bemerkte Brandt. Obwohl Peter I. 1829 starb und sein Sohn neuer Herr wurde. In Lichtenberg brodelte es nur bis 1834. Ernst I. verscherbelte das Land an Preußen.

Als 1848/49 landauf, landab der revolutionäre Geist wehte, die Menschen erneut auf die Barrikaden gingen, blieb es in St. Wendel relativ ruhig. Anders in Birkenfeld. Brandt: "Hier kam es zu Unruhen. Man wollte politische Freiheiten und los von Oldenburg." Dies gelang nicht. Jedoch erhielt Oldenburg, und so auch Birkenfeld, 1852 die liberalste Verfassung auf deutschem Gebiet.

Mit einem Jahrhundert Verspätung folgte das Fürstentum Birkenfeld, seit 1919 Landesteil geheißen, dem fast vergessenen Lichtenberg: 1937 wurde es preußisch. Am Ende der Entwicklung, nach dem Krieg und seinen Folgen sowie nach Grenzveränderungen stehen heute zwei benachbarte Landkreise: St. Wendel und Birkenfeld. Und alles begann mit zwei unzufriedenen Fürsten.

Der nächste Vortrag der Kulani ist am Dienstag, 25. Juni. Roland Geiger wird über die Auswanderungen im 18. und 19. Jahrhundert nach Nordamerika referieren. Ort: Auswanderermuseum in Oberalben bei Kusel. Beginn: 19 Uhr.

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