Streit um Blei in der Munition der Jäger

Saarbrücken. Wie gefährlich ist Bleimunition, die beim Jagen verschossen wird, für Mensch und Umwelt wirklich? Die Meinungen gehen bei dieser Frage auseinander. Das saarländische Umweltministerium will erst noch mehrere Untersuchungen abwarten, bis es sich festlegt

 Auch Landesjägermeister Daniel Hoffmann testet bleifreie Munition. Foto: rup

Auch Landesjägermeister Daniel Hoffmann testet bleifreie Munition. Foto: rup

Saarbrücken. Wie gefährlich ist Bleimunition, die beim Jagen verschossen wird, für Mensch und Umwelt wirklich? Die Meinungen gehen bei dieser Frage auseinander. Das saarländische Umweltministerium will erst noch mehrere Untersuchungen abwarten, bis es sich festlegt. Der Vorsitzende des noch jungen Vereins Ökologisch Jagen im Saarland (ÖJiS), Manfred Hoffmann, ist strikt gegen Bleimunition: "Blei ist Umweltgift. Greifvögel verenden daran, und die Umwelt wird schwer belastet." Und was für Tiere gefährlich sei, könne für den Menschen auch nicht gesund sein. Deshalb hat der Verein ÖJiS jetzt das Zertifikat "Best-Wild-Standard" entwickelt. Es garantiert dem Verbraucher, dass das Wild, das er kauft, bleifrei erlegt wurde. Verbraucher können es über die Geschäftsstelle beim örtlichen ÖJiS-Jäger erwerben. Auch der Naturschutzbund Saar fordert, der "überflüssigen Belastung von Böden und Gewässern durch Blei ein Ende zu machen".Landesjägermeister Daniel Hoffmann sieht die 200 Kilogramm Blei, die jedes Jahr bei der Jagd in die Umwelt gelangen, von weitaus geringerer Bedeutung als die 25 000 Tonnen Streusalz, die im Winter auf den saarländischen Straßen verteilt werden. "Ich sehe die ökologische Relevanz des Themas als nicht besonders hoch an", sagt Daniel Hoffmann. Allerdings seien tatsächlich vier bis sechs Seeadler bundesweit in diesem Jahr an Wildresten verendet, die mit Blei erlegt wurden. Allerdings würden durch Windräder mehr Tiere sterben, fügt er hinzu.

Mit Blei vergiftete Tiere wurden im Saarland nach Angaben des Umweltministeriums noch nicht gefunden. Landesjägermeister Daniel Hoffmann sagt: "Im Saarland gibt es keine Seeadler und die heimischen Tiere, die mit den Munitionsresten in den nicht verwerteten Teilen erjagter Tiere in Berührung kommen, zeigen keine Vergiftungserscheinungen." Saarländische Krähen, Dachse, Füchse und Marder hätten eine deutlich schwächere Magensäure als die Seeadler und seien daher von der Vergiftungsproblematik nicht betroffen.

Jürgen Thier-Kundke vom Bundesinstitut für Risikobewertung in Berlin erklärt, dass für den Durchschnittsbürger die Belastung durch Blei im Fleisch von Hase, Reh und Wildschwein unbedenklich sei. Wer aber, wie manche Jäger und ihre Familien, mehr als 100 Mahlzeiten Wild im Jahr zu sich nehme, für den könnte es in der Tat eine Rolle spielen, ob dieses mit konventioneller oder bleifreier Munition geschossen worden sei. Allerdings bemerkt Thier-Kundke auch, dass Blei durch Industrie und Verkehr bereits in allen Böden vorhanden sei. "Blei ist überall", sagt er. Blei komme in allen Lebensmitteln und auch im Wasser in unbedenklicher Menge vor - relativ hoch sei seine Konzentration in Gemüse und insbesondere in Teegetränken.

Die Alternative zu Blei in der Munition ist eine Kupferlegierung. Doch diese Kupfermunition wird in Deutschland zum Teil erst getestet. "Daher sind noch nicht alle ihre Risiken untersucht", sagt Berufsjäger René Wiese aus Wadgassen-Friedrichweiler. Er verwendet selbst Kupfergeschosse. Allerdings ist er als Nachsucheführer darauf spezialisiert, angeschossene Tiere mit seinen Hunden aufzuspüren. Dabei schießt er aus kurzer Distanz. Beim Schießen auf weiter entfernte Ziele sei die konventionelle Munition noch besser geeignet. Denn die Tötungswirkung der Kupfermunition sei oftmals noch nicht so stark. Das führe dazu, dass die Tiere länger leiden müssten. Auch Landesjägermeister Daniel Hoffmann testet immer wieder bleifreie Munition. Er rät, die Geschosse gut auszuwählen: "Es gibt noch viele auf dem Markt, die nicht tierschutzgerecht sind."

"Blei ist durch Industrie und Verkehr bereits überall - auch in Lebensmitteln."

Jürgen Thier-Kundke, Bundesinstitut für Risikobewertung

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