Flüchtlinge verlassen Ferienhäuser

Steinberg-Deckenhardt · Die jungen Flüchtlinge, die seit September im Max-Braun-Zentrum in Steinberg-Deckenhardt untergebracht waren, sind allesamt umgezogen. Das Projekt des Vereins Zeltlagerplatz Steinberg ist zu Ende. Die Anlage wird aktuell für die ersten Feriengäste über Pfingsten aufgehübscht.

 Blick in eines der Ferienhäuser des Max-Braun-Zentrums in Steinberg-Deckenhardt. Bis zuletzt wohnten hier minderjährige Flüchtlinge. Zu Pfingsten ziehen wieder Feriengäste ein. Foto: Archiv/B&K

Blick in eines der Ferienhäuser des Max-Braun-Zentrums in Steinberg-Deckenhardt. Bis zuletzt wohnten hier minderjährige Flüchtlinge. Zu Pfingsten ziehen wieder Feriengäste ein. Foto: Archiv/B&K

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Back to the roots, heißt es für das Max-Braun-Zentrum in Steinberg-Deckenhardt . Die letzten unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge sind aus ihrem Quartier ausgezogen. Über Pfingsten erwartet Jörg Bernarding, Vorsitzender des Vereins Zeltlagerplatz Steinberg, die ersten Feriengäste. Der Träger des Bildungszentrums hatte im vergangenen September ein Pilotprojekt im Auftrag des Kreisjugendamtes Saarlouis übernommen. Bis Mai sollten die jugendlichen Flüchtlinge in Steinberg-Deckenhardt ein Übergangs-Zuhause finden. Über zehn Ferienhäuser mit insgesamt 74 Betten verfügt das Max-Braun-Zentrum. In der Spitze lebten dort 55 Jugendliche. Anfang des Jahres hat sich die Gruppe deutlich verkleinert, beispielsweise weil einige der Jungs 18 Jahre alt wurden. Damit fallen sie aus der Jugendhilfe heraus.

Umzug in Wohngruppen

Zuletzt war die Gruppe auf 17 junge Syrer geschrumpft. "Sie gehen zur Walddorfschule in Walhausen, deshalb sollten sie im Landkreis St. Wendel bleiben", berichtet Bernarding. Bereits Ende April sind zehn junge Flüchtlinge ins Pallottihaus in Eiweiler umgezogen. Das einstige Clearinghaus zur ersten Aufnahme beherbergt inzwischen zwei Wohngruppen, informiert Werner Lucas, pädagogischer Leiter des Pallottihauses Neunkirchen, das mit dem Diakonischen Werk Träger der Einrichtung ist. Das heißt, die zehn jungen Flüchtlinge aus Steinberg-Deckenhardt haben dort eine längerfristige Bleibe.

Für die letzten sieben Syrer ging es in eine neue Unterkunft nach St. Wendel. Sie zogen in eine Wohngruppe der Stiftung Hospital. Diese wurde kurzerhand für die Jugendlichen eingerichtet. Und zwar in der oberen Etage des historischen Knabenhauses. Dort waren bislang unter anderem der Untersuchungsraum des Betriebsarztes und die Hausaufgabenhilfe untergebracht. Doch für die jungen Syrer zogen die Mitarbeiter um. "Einzel- und Doppelzimmer gibt es für die Jungs", berichtet Astrid Schmitt-Jochum von der Leitung der Jugendhilfe der Stiftung Hospital. Das neue Zuhause bewertet sie als Verbesserung gegenüber der Unterbringung in Steinberg-Deckenhardt .

Auf dem Gelände des Max-Braun-Zentrums ist derweil Groß-Reinemachen angesagt. Alle Möbel wurden aus den Ferienhäusern geräumt, da die meisten nicht mehr zu gebrauchen sind. Aktuell werden die Böden abgeschliffen und die Wände frisch gestrichen. "Mitte Mai beginnt wieder der reguläre Betrieb", so Bernarding. Und bis dahin gibt es noch einiges zu tun. Wenn zu Pfingsten die ersten Gäste anreisen, sind drei der Häuser wieder tipptopp hergerichtet. Der Rest folgt. Ende des Monats sind alle Ferienhäuser vermietet.

Routine kehrt auf dem Platz ein. Gelegenheit für den Vorsitzenden des Vereins Zeltlagerplatz Bilanz in Sachen Flüchtlings-Projekt zu ziehen. Unzufrieden ist Bernarding mit dem überhasteten Start im vergangenen September. Als er sich auf Anfrage des Saarlouiser Kreisjugendamts dazu entschied, die minderjährigen Flüchtlinge in Steinberg-Deckenhardt aufzunehmen, sei er von einem Projektstart im Oktober ausgegangen. Doch plötzlich standen Mitte September mehr als 50 Jugendliche da. "Eigentlich waren wir als Notunterkunft angefragt, nicht als Jugendbetreuung", betont Bernarding. Doch seien sie immer mit Einrichtungen der Jugendhilfe verglichen worden, die entsprechend qualifizierte Betreuer haben. "Unser Verein hat damals von sich aus gesagt, dass wir nicht nur eine Unterkunft bieten, sondern auch Integrationsarbeit leisten wollen." Doch das gestaltete sich schwieriger als gedacht. "Was wir total unterschätzt haben, war der Personalbedarf", wertet der Vorsitzende selbstkritisch. Es sei schwierig gewesen, ausgebildete Betreuer zu engagieren. Als Notlösung habe man Mitarbeiter mit Arabischkenntnissen eingestellt. Doch schnell habe sich gezeigt, dass Sprachkompetenz nicht ausreicht, um als Betreuer zu bestehen.

17 Syrer hätten bleiben können

Wäre es nach Bernarding gegangen, so hätten die letzten 17 Jugendlichen zwischen 13 und 18 Jahren ruhig dauerhaft in Steinberg-Deckenhardt bleiben können. Sie hätten ihm gegenüber auch diesen Wunsch geäußert. Doch das Max-Braun-Zentrum habe zu Beginn negative Schlagzeilen geschrieben. Bernarding erinnerte an den Streit mit dem ehemaligen Koch und den dadurch ausgelösten kurzzeitigen Hungerstreik einiger Jugendlicher (wir berichteten). "Das ist verbrannte Erde. Jetzt wollte sich niemand mehr für das Zeltlager als Unterkunft einsetzen."

Auf die Frage, ob er nochmal ein solches Projekt starten würde, muss Bernarding nicht lange überlegen. "Unter anderen Voraussetzungen würde ich es machen." Mehr Vorlauf, um qualifiziertes Personal zu finden, würde er fordern. Außerdem müssten alle Verantwortlichen an einen Tisch gebracht werden, ehe die Flüchtlinge einziehen. Im September waren weder der Bürgermeister der Gemeinde Oberthal noch der St. Wendeler Landrat rechtzeitig über die Unterbringung der jungen Syrer in Steinberg-Deckenhardt informiert worden. "Wir kennen uns aus mit Jugendlichen, aber die Mentalität der Flüchtlinge war neu für uns. Wir haben viel dazugelernt." Mit diesem Wissen wäre der Verein Zeltlagerplatz wieder zur Stelle, wenn minderjährige Heimatvertriebene eine Unterkunft bräuchten.

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