Vom Klumpen Ton zum Kunstwerk

Oberthal · Das Wetter nach Wunsch, der Zeitpunkt perfekt: Tausende Besucher lockt der Töpfermarkt nach Oberthal bei der 15. Auflage der Großveranstaltung. 62 Aussteller sind aus ganz Deutschland gekommen.

 Ingrid Krämer aus Walsheim zeigt ihre lustigen Figuren auf dem Töpfermarkt in Oberthal. Foto: B & K

Ingrid Krämer aus Walsheim zeigt ihre lustigen Figuren auf dem Töpfermarkt in Oberthal. Foto: B & K

Foto: B & K

Drama, Verzweiflung, Aufgabe - Worte, die eine Siegerin wohl kaum verwenden würde. Oder doch? Beate Weiß beschreibt damit ihre Vorbereitungen zum Töpfer-Wettbewerb. "Ich war kurz davor, meine Teilnahme abzusagen", berichtet die Künstlerin aus Siegen. Knapp drei Monate habe sie überlegt, welches Objekt sie zum Thema "Scherben bringen Glück" anfertigen könnte. "Aber mir ist nichts eingefallen", erzählt sie. Die Flüchtlinge brachten sie schließlich auf eine Idee. "Diese Menschen lassen einen Scherbenhaufen zurück und suchen ihr Glück in Deutschland", erklärt Weiß. Sie formt ein Boot, füllt es mit Wasser und legt eine Blume hinein. Die Jury - eine Kommission aus Vertretern der Gemeinde, des Handwerkervereins und der Künstler - ist davon überzeugt. Auf dem Töpfermarkt am Wochenende in Oberthal wählt sie Weiß auf den ersten, Hildegard Dill-Franken auf den zweiten und Karin Reiss auf den dritten Platz.

Den Wettbewerb gibt es seit 2015, damit ist er noch relativ neu. Sonst habe sich in den vergangenen Jahren aber nicht viel verändert, weiß Dagmar Griewisch-Berkau. "Der Markt ist noch genauso schön wie früher", sagt die gelernte Scheibentöpferin aus Solingen in Nordrhein-Westfalen. Sie ist dieses Jahr bereits zum siebten Mal dabei und verkauft Tierfiguren, Tassen sowie Blumen aus hochwertiger Kunstkeramik. "Alle Objekte sind Unikate", berichtet Griewisch-Berkau. Um den Besuchern zu demonstrieren, wie aus einem Klumpen Ton ein Kunstwerk wird, hat sie ihre Drehplatte gleich mitgebracht. Immer wieder erklärt die Töpferin die einzelnen Schritte. Drehen, trocknen, brennen, bemalen, wieder brennen - vier Wochen dauert es, bis sie ein Objekt fertiggestellt hat. So viel Geduld hat Fabian Müller aus Nalbach nicht. Unter der Anleitung von Töpfermeister Ralph Pehl versucht der Achtjährige, seine eigene Blumenvase zu kreieren. Er hat einen Kittel umgelegt und auf einem Hocker hinter der Drehscheibe Platz genommen. "Nicht so fest drücken", erklärt Pehl. Zu spät. Fabian hat den Bauch der Vase zerstört und sie in ein längliches Etwas verwandelt. Pehl hilft nach. "Eben hat er eine Schlange aus Ton geformt. Die ist richtig gut geworden", erzählt Vater Patrick Müller. Er ist von der großen Auswahl auf dem Markt begeistert. Das Angebot reicht von ausgefallenen Schmuckstücken, über klassische Tassen, bis hin zu bunten Dekoartikeln. Alles von Hand gefertigt, versteht sich. Hildegard Dill-Franken aus Kaiserslautern bietet moderne Kunstobjekte in Schwarz-Weiß. Viele kleine Geiermänner stehen auf ihrer Verkaufsablage. "Ich habe eigene Arbeitstechniken zur Herstellung entwickelt", sagt sie. Eher klassisch sind die Produkte, die Karin Reiss mitgebracht hat. Sie präsentiert an ihrem Stand Zier- und Gebrauchskeramik. "Die Ideen kommen bei der Arbeit", erklärt die Töpferin aus Bad Kissingen. Insgesamt 62 Aussteller aus ganz Deutschland haben ihre Objekte bei der 15. Auflage des Töpfermarktes ausgestellt. "Mir ist aufgefallen, dass dieses Jahr besonders viele Besucher von außerhalb gekommen sind", sagt Bürgermeister Stephan Rausch . Er schätzt, dass etwa 10 000 Menschen die Marktmeile besucht haben. Die Händler seien mit dem Umsatz sehr zufrieden. "Bei dem Wetter sitzt das Geld wohl etwas lockerer", sagt er. Auch Ute Maria Bruns ist sich sicher, sie verdankt es dem Sonnenschein, dass sie so viele Wasserspeier verkaufen konnte. "Jetzt wo der Frühling da ist, haben die Menschen Lust, ihren Garten zu verschönern", sagt die Koblenzerin. Bruns ist schon seit dem ersten Töpfermarkt als Ausstellerin dabei und kommt immer wieder gerne nach Oberthal . "Im Rheinland werden die Saarländer oft als Muffel verschrien", sagt sie und grinst, "aber das können wir nicht bestätigen." Die Besucher seien sehr freundlich. "Ich habe das Gefühl, die Menschen hier warten immer schon darauf, dass endlich wieder Töpfermarkt ist."

Der große Andrang auf dem Töpfermarkt kam auch den Geschäften zugute. Sie hatten am vergangenen Sonntag geöffnet und freuten sich über jede Menge Kundschaft. "An Muttertag ist bei uns ohnehin immer die Hölle los", sagte Ingrid Kaufmann. Die Inhaberin von "Blumen Ingrid" erzählte, dass viele Kunden gar keinen Parkplatz mehr gefunden hätten. "Da müssen wir schon mal am Telefon erklären, wie sie zu unserem Geschäft kommen können", berichtete Kaufmann. Auch Elisabeth Hans vom Deko-Laden "Geschenkcreationen" hatte kaum Zeit, ihren Kaffee und ein Stück Kuchen zu genießen. "Es ist so viel los. Meine Kollegin und ich wechseln uns ständig ab", sagte sie, "Wir verkaufen heute besonders viele Gartenfiguren." Wegen des Töpfermarktes hatte Hans auch vor ihrem Geschäft eine Theke aufgebaut. Direkt nebenan stand Petra Kunrath, die Inhaberin von "Optik Kunrath". Vor ihr ausgebreitet lagen hunderte Brillen und Sonnenbrillen . "Wir haben dieses Jahr eine besondere Aktion", erklärte Kunrath. Sie zeigte auf eine Mappe mit etwa 500 verschiedenen Brillenbügeln. "Die Kunden können gleich austesten, welcher Bügel am besten zu ihnen passt." Die Geschäftsinhaberin freute sich über die große Kauflust . Das Töpfermarkt-Wochenende sei immer gut fürs Geschäft.

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