Sein größter Wunsch ist Normalität

Homburg/Oberbexbach. Seit Januar ist er in Kurzarbeit, hat in diesem Jahr zwei Wochen gearbeitet: Patric Messerle ist bei Krupp Gerlach in Homburg als Gesenkschmied in der Kurbelwellen-Produktion tätig

 Die größte Sorge von Patric und Ramona Messerle, hier mit Leon (9) und Joshua (2), gilt der Frage, ob sie auf Dauer das Haus halten können. Auf dem Bild fehlt Tochter Laura (12). Foto: Thorsten Wolf

Die größte Sorge von Patric und Ramona Messerle, hier mit Leon (9) und Joshua (2), gilt der Frage, ob sie auf Dauer das Haus halten können. Auf dem Bild fehlt Tochter Laura (12). Foto: Thorsten Wolf

Homburg/Oberbexbach. Seit Januar ist er in Kurzarbeit, hat in diesem Jahr zwei Wochen gearbeitet: Patric Messerle ist bei Krupp Gerlach in Homburg als Gesenkschmied in der Kurbelwellen-Produktion tätig. "Uns bleiben 67 Prozent des reinen Grundlohns ohne jede Zuschläge", erzählt der 37-Jährige, der verheiratet ist und drei Kinder hat: die zwölfjährige Laura, den neunjährigen Leon und den zweijährigen Joshua. Der Blick in die Zukunft ist düster: "Wenn's so weiter geht, werden wir in fernerer Zukunft das Haus nicht mehr halten können", sagt Messerle. Bei Krupp Gerlach ist Kurzarbeit angemeldet bis in den Juni hinein. "Das muss nicht sein, dass es so lange geht, aber es gibt noch keine Aussage, wie lange die Kurzarbeit möglicherweise dauern könnte."Seit Anfang seiner beruflichen Laufbahn ist der 37-Jährige gewerkschaftlich organisiert, heute bei der IG Metall, in der er Vertrauensmann bei Krupp-Gerlach ist. "Ich fühle meine Interessen dort gut vertreten und hoffe auf Hilfe, wenn es irgendwann mal zu betriebsbedingten Kündigungen kommen sollte." Ehefrau Ramona, die halbtags als Metzgereifachverkäuferin arbeitet, denkt nach eigenem Bekunden "jeden Tag an die Situation und an die ungewisse Zukunft". Auswirkungen hat die Kurzarbeit auf den normalen Alltag der Messerles: "Man muss bei Lebensmitteln genau darauf achten, was man kauft. Heizung und Stromverbrauch werden drastisch zurückgefahren." Und nicht zuletzt müssen auch die Kinder unter der Situation leiden: "Ausflüge sind halt nicht drin derzeit."Dazu kommt das Grübeln in den Wochen, in denen man nicht arbeitet. "Im Kollegenkreis wird immer über das selbe Thema gesprochen: Jeder hat Angst um seine Existenz und vor Arbeitslosigkeit." Messerle erlebt zum ersten Mal in seiner beruflichen Laufbahn Kurzarbeit. Die Schuld an der Misere sieht er nicht beim Arbeitgeber, sondern in erster Linie bei der Regierung in Berlin. "Mein Arbeitgeber muss zwangsläufig Kurzarbeit fahren, weil der Absatz in allen Bereichen zurückgegangen ist. Die Regierung sollte das eigene Land mehr unterstützen als das Ausland. Außerdem wären Steuersenkungen wichtig", so Messerle. Seiner persönlichen Meinung nach sollten Firmen, die Subventionen kassiert haben und dann ins Ausland gehen, diese zurückzahlen müssen.Patric Messerle hat bei Saarberg gelernt, hat untertage gearbeitet und war dann "froh, bei der Firma Gerlach gelandet zu sein. Ich habe dort ein unheimlich gutes Betriebsklima erwischt und einen Job, der mir Spaß macht". Messerle hat mit einem Zeitvertrag angefangen, der zwei Mal verlängert wurde und dann in einen unbefristeten Vertrag umgewandelt wurde.Sein größter Wunsch ist natürlich klar: "Dass wieder Normalität eintritt, dass die Existenz gesichert ist und die Altersversorgung auch. Niedergeschlagen ist man öfter heutzutage, aber wir sind Kämpfernaturen", sagt Messerle entschlossen. Wer ihn erlebt hat, nimmt ihm das ab. Meinung

Das Prinzip Hoffnung

 Bei Krupp-Gerlach in Homburg arbeitet Patric Messerle seit 1997. Foto: SZ/Honk

Bei Krupp-Gerlach in Homburg arbeitet Patric Messerle seit 1997. Foto: SZ/Honk

Von SZ-RedakteurRalph Schäfer Man grübelt automatisch und denkt jeden Tag intensiv an die Situation, sagt Patric Messerle - und das wird wohl noch eine Weile so bleiben. Ein Ende der Kurzarbeit ist noch nicht abzusehen, schmerzliche Einschnitte, gerade auch im Alltag, sind unvermeidlich. Es tut einfach weh, wenn der Ausflug mit den Kindern eben nicht drin ist, weil die finanzielle Zukunft ungewiss ist - vom Haus, in dem viel Geld und Arbeit stecken, gar nicht zu reden. Wer wie der 37-Jährige zum ersten Mal mit der Kurzarbeit konfrontiert wird, erlebt zwangsläufig eine Situation, die schlimmer kaum sein könnte: Existenzangst. Was Messerle und seinen zahlreichen Kollegen bleibt, ist das Prinzip Hoffnung. Was sonst? Vielleicht stimmt es ja, dass sich die Wirtschaft Mitte des Jahres erholt, dass der Motor Autoindustrie wieder auf allen Töpfen läuft und wieder mehr Kurbelwellen gebraucht werden? Glauben wird Messerle das erst, wenn in der Lohntüte wieder 100 Prozent Verdienst sind, statt momentan 67. Es wäre ihm und seinen Kollegen zu wünschen, dass das möglichst bald wieder der Fall sein wird . . .

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