Schwimmbad war immer mehr ein Klotz am Bein

Neunkirchen. Der Kopf hat entschieden, das Herz getrauert. Trauert immer noch. Der Prießnitz-Kneipp-Verein in Neunkirchen hat sein Bad im idyllischen "Volkssonnengarten" in der Lakaienschäferei aufgegeben

Neunkirchen. Der Kopf hat entschieden, das Herz getrauert. Trauert immer noch. Der Prießnitz-Kneipp-Verein in Neunkirchen hat sein Bad im idyllischen "Volkssonnengarten" in der Lakaienschäferei aufgegeben. "Es ging einfach nicht mehr, die finanzielle Belastung war zu groß für unseren Verein", sagte Karin Fernsner (60), Kassenwartin und gute Seele der Neunkircher Prießnitzianer diese Woche beim Ortstermin mit unserer Zeitung. "Die Einnahmen aus dem Campingplatz haben das Bad finanziell getragen. Aber inzwischen muss auch am Campingplatz einiges erneuert werden." Die Beschwerden hätten sich gehäuft: "Alles fließt ins Bad." "So konnten wir nicht weiter machen", sagt Karin Fernsner. Mit fünf Jahren kam sie in den Verein und 1981 in den Vorstand. Viele Sommer habe sie früher mit Mann und den beiden Kindern auf der Anlage gecampt: "Das war ein Traum."Aus der Traum. Das Schwimmbad - 32 Meter mal 18 Meter mal 1,20 Meter - ist 76 Jahre nach seiner Eröffnung ab sofort Geschichte. Schon öfter hatte der aktuell 190 Mitglieder zählende Verein kurz vor diesem Schließungsschritt gestanden, um dann mit einem Kraftakt doch noch ein Jahr Verlängerung hinzukriegen. Diesen Sommer nicht mehr. Am 29. Mai auf der Jahreshauptversammlung der Neunkircher Prießnitzianer stellte der Vorstand den Schließungsbeschluss zur Diskussion und Abstimmung. Und der wurde mehrheitlich angenommen. "Es ist auch eine Entscheidung, mit der wir die Zukunft des Campingplatzes sicher wollen", so Karin Fernsner. Der 1968 eröffnete Platz zählt 77 Stellplätze mit 60 Dauercampern. Die Bilanz 2010: "Wir hatten 96 Gäste mit 144 Übernachtungen und 47 Wohnmobile auf unserem Wohnmobilstellplatz, mit meistens nur einer Übernachtung. Außer aus Deutschland waren es auch Gäste aus Belgien, Großbritannien, Frankreich, Niederlande und Schweden." Doch der Campingplatz ist in die Jahre gekommen: "Sanitäre Anlagen, Wege zu den Stellplätzen, Stromzähler", nennt Fernsner als drängendste Investitionen.

"Ich verwalte die Finanzen und kann jetzt den ersten Sommer gut schlafen, auch wenn schlechtes Wetter ist," sagt Karin Fernsner. 12 000 Euro Ausgaben hätten durchschnittlich 2000 Euro Einnahmen gegenüber gestanden, skizziert sie die finanzielle Badebilanz. Zunehmend auch eine Belastung geworden seien neue Hygienebestimmungen und Anforderungen der Berufsgenossenschaft, so Fernsner: "Eine Fremdfirma richtet die Chlorgasanlage ein und macht sie wieder winterfest. Die müssen wir bezahlen. Und die Ausrüstung auch."

Aber wie bekommt dem Campingplatz die Schließung des Bades? "Noch kommen die Camper, aber das sind meistens auch Mitglieder", stellt Karin Fernsner fest. Die Stadt legt gerade einen zugesagten Zugang zum benachbarten Kombi-Bad "Die Lakai". Eine kleine Schneise, am Ende ein Zauntor. Den Schlüssel hat Platzwart Kurt Mohrbach. Fernsner: "Andere Campingplätze haben das Bad auch nicht direkt dabei. Wir sind da verwöhnt." Seit 1. Juli ist auch die Gaststätte auf der Anlage verwaist. Fernsner: "Wir wollen sie jetzt privat vermieten für Veranstaltungen."

Rückblick

1926 Gründung des "Vereins für Gesundheitspflege, Natur-, Heil- und Felke-Verein".

1928 Umbenennung in "Prießnitz-Verein für naturgemäße Lebens- und Heilweise".

1929 Verein pachtet Gelände von der Stadt, offizielle Bezeichnung für die 4,2 Hektar große Prießnitzanlage in der Lakaienschäferei: "Volkssonnengarten".

1933-35 Bau eines Freibades.

1939-45 während des Zweiten Weltkriegs ruht der Betrieb

1948 wird der "Volkssonnengarten" wieder übernommen und ausgebaut. Ein Vereinslokal als Badegaststätte entsteht.

1957 Bau einer vereinseigenen Sauna am Unteren Friedhofsweg.

1968 Einweihung des Campingplatzes in unmittelbarer Nachbarschaft zum Prießnitzbad.

1976 Anschluss an den Kneipp-Bund und neuer Name "Prießnitz-Kneipp-Verein Neunkirchen": Das Vereinsleben orientiert sich an einer gesunden Lebensführung nach den Ideen von Vincenz Prießnitz und Sebastian Kneipp, sie gelten als Väter der modernen Naturheilkunde.

In den 70er Jahren entstehen Grillstellen, die von Klassen, Vereinen oder Familien genutzt werden.

1980 Einweihung der Wassertretanlage.

In jüngerer Vergangenheit öffnete sich der Verein auch für Gesundheitssport wie Yoga, Wirbelsäulengymnastik, Seniorengymnastik.

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