Mit Kondition und guten Nerven

Saarlouis/Dillingen · Der 82. Kreisfeuerwehrtag findet vom 27. bis 29. Juni in Dillingen statt. Wer dabei nur an die reguläre Wehr denkt, übersieht die besonderen Einsatzgruppen. Seien es ABC-Zug, Funkwagen, Führungsgruppe oder Höhenrettung. Heute stellen wir den ABC-Zug vor.

 Selbst wenn Gefahren durch Chemikalien oder radioaktive Stoffe drohen, wie hier bei einer Übung, retten die Mitglieder des ABC-Zuges verunglückte Personen. Fotos: Helmut Engeldinger, Feuerwehr

Selbst wenn Gefahren durch Chemikalien oder radioaktive Stoffe drohen, wie hier bei einer Übung, retten die Mitglieder des ABC-Zuges verunglückte Personen. Fotos: Helmut Engeldinger, Feuerwehr

"So um die 20 Minuten hält man das aus. Steckt man da länger drin, wird es kritisch." Jörg Beyer, Leiter des ABC-Zuges, steht im Gerätewagen Atemschutz der Feuerwache Saarlouis Innenstadt. Vor ihm sogenannte CSA, Chemikalienschutzanzüge. In diesen luftdichten Anzügen steigt die Körpertemperatur rasch an. Und Innendruck sorgt dafür, dass nichts eindringt. Bis zu acht Kilo schwer sind sie und kosten etwa dreieinhalbtausend Euro. Wer solch einen Anzug trägt, dazu Atemschutzgerät und Ausrüstung, braucht im Einsatz Kondition, gute Nerven und eine besondere Ausbildung.

Manche Einsätze überfordern sogar die reguläre Feuerwehr. Beispielsweise großflächige Rauchausbreitung, Ausströmen von Gas oder ein umgekippter Tank mit riskanten Stoffen. Dann rücken die Spezialisten des ABC-Zuges an. Kurios werde es bei Selbstmord mit E 605, berichtet Beyer. "Das ist für die Retter gefährlich, weil das Gift aus der Leiche ausgast."

Aber auch Selbstmorde durch geöffnete Säurefässer seien schon vorgekommen. ABC steht hier für atomare Strahlung sowie biologische und chemische Gefahren. Im Alltag reicht das mögliche Spektrum von Gefahrentransporten über Brände in der Industrie bis zu Unfällen mit Material aus medizinischen Laboren. Aber auch ein Chlorgas-Vorfall wie im Wadgasser Freibad erfordert die Experten.

Ein Spezialfahrzeug ist auch der Erkundungswagen mit kofferweise Messgeräten an Bord, Sonden und Analyseröhrchen. 27 verschiedene Stoffe können direkt gemessen werden, weitere über Vergleichsmessungen. Er rückt bei nahezu allen Einsätzen mit aus. "Wenn wir da mal an unsere Grenzen stoßen, können wir Hilfe aus der Industrie anfordern", erklärt Beyer. Zum Beispiel in Ludwigshafen und Mannheim. Dort gebe es komplette Analyse-Teams und Labore. "Aber das sind dann schon ziemlich spezifische Fälle, wie bei unbekannten Stoffen. Im Kreis Saarlouis war so was schon lange nicht mehr der Fall." Der Erkundungswagen rollt im Messeinsatz mit etwa zehn Stundenkilometern über die Straßen. Dabei registriert er mittels fest eingebauter und mit einem Computer verbundener Messgeräte, Gefahrenstoffe sowie deren Konzentration und Verbreitung. Hierbei ist beispielsweise auch die Windrichtung relevant. Denn im Ernstfall könnten Evakuierungsmaßnahmen notwendig werden.

Ein weiteres Fahrzeug transportiert Ausrüstung zur Dekontamination von Menschen. Dazu kommt noch ein Trockenlöschfahrzeug mit unter anderen zwei Tonnen Pulver an Bord sowie diversen Pulver- und CO-2-Handfeuerlöschern.

> wird fortgesetzt

Zum Thema:

Auf einen BlickDer 82. Kreisfeuerwehrtag findet von Freitag bis Sonntag, 27. bis 29. Juni, im Dillinger Lokschuppen statt; Schirmherrin: Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer.Offiziell beginnt er am Freitag, 18.30 Uhr, es spielt das Polizeiorchester des Saarlandes. Weitere Termine sind eine Großübung der Jugendfeuerwehr am Samstag, 16 Uhr, und ab 19.30 Uhr die Büddenbacher und Magic Artists.Nach einem ökumenischen Gottesdienst im Lokschuppen am Sonntag, 10 Uhr, spielt die Werkskapelle der Dillinger Hütte. Der Festzug zieht ab 15 Uhr vom Odilienplatz zum Lokschuppen, danach musizieren Spielmannszüge. Beim Kreisfeuerwehrtag feiert der Löschbezirk Innenstadt Dillingen sein 150-jähriges Bestehen, die Jugendfeuerwehr Dillingen ihr 50-jähriges. az

 Ein Messgerät zeigt Gefahr an.

Ein Messgerät zeigt Gefahr an.

Zum Thema:

StichwortDer ABC-Zug im Kreis Saarlouis entwickelte sich aus dem Katastrophenschutz während des Kalten Krieges. Nach Tschernobyl kam ein Messfahrzeug hinzu und 2000 eines mit Ausrüstung für die Dekontamination von Menschen. Außerdem ein Löschfahrzeug mit Trockenpulver sowie diverse Handfeuerlöscher. An der Saarschiene gibt es die meiste Industrie und viele Gefahrguttransporte. Deshalb sind 60 Mitglieder des ABC-Zuges in Saarlouis stationiert, 40 in Dillingen. Zusätzlich zur regulären Feuerwehrausbildung erlernen sie auch die Besonderheiten des ABC-Einsatzes, und das alles ehrenamtlich. az

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