Was ist eigentlich Mathematik?

Was ist eigentlich Mathematik? 2008 war das Wissenschaftsjahr der Mathematik. Sie, verehrte Leserinnen und Leser der SZ, haben aus diesem Anlass einiges über Mathematik, über Mathematiker erfahren. Sie haben schwierige Aufgaben gelöst, sie haben Mathematik betrieben

 Was eine mathematische Formel wie etwa diese ist, das ist klar definiert. Was ist Mathematik? Dafür wurde bis heute keine eindeutige Definiton gefunden. Foto: SZ

Was eine mathematische Formel wie etwa diese ist, das ist klar definiert. Was ist Mathematik? Dafür wurde bis heute keine eindeutige Definiton gefunden. Foto: SZ

Was ist eigentlich Mathematik? 2008 war das Wissenschaftsjahr der Mathematik. Sie, verehrte Leserinnen und Leser der SZ, haben aus diesem Anlass einiges über Mathematik, über Mathematiker erfahren. Sie haben schwierige Aufgaben gelöst, sie haben Mathematik betrieben. Was haben Sie da eigentlich gemacht? Oder um es auf den Punkt zu bringen: Was ist Mathematik? Sie haben natürlich eine Vorstellung von dieser Wissenschaft, aber wie steht es mit einer Definition, einer genauen Beschreibung? Das ist gar nicht so einfach. Früher hätte man zum Brockhaus gegriffen, heute googelt man und man ertrinkt in Information: Knapp 16 Millionen Einträge zum Schlagwort "Mathematik", knapp 80 Millionen Einträge zum englischen Schlagwort "mathematics", gefunden in 0,22 Sekunden, mit raffinierten mathematischen Methoden. Sehr beeindruckend, überhaupt nicht hilfreich. Auch Wikipedia bringt keine befriedigende Antwort: "Die Mathematik .... ist die Wissenschaft, welche aus der Untersuchung von Figuren und dem Rechnen mit Zahlen entstand. Für Mathematik gibt es keine allgemein anerkannte Definition; heute wird sie üblicherweise als eine Wissenschaft, die selbst geschaffene abstrakte Strukturen auf ihre Eigenschaften und Muster untersucht, beschrieben." Es gibt also keine allgemein anerkannte Definition. Der bekannte Giessener Mathematiker Albrecht Beutelspacher geht einen anderen Weg zur Klärung des Begriffs. Er geht davon aus, dass wir alle eine bestimmte Vorstellung von Mathematik haben, die es zu relativieren gilt. Er sagt zuallererst, was Mathematik nicht ist, er versucht mit falschen Zuordnungen aufzuräumen. Wir zitieren (inhaltlich) zwei seiner Kernthesen: Mathematik ist keine Naturwissenschaft. Es geht nicht darum, mit Hilfe von Einzelbeobachtungen ein Gesetz zu formulieren. Dies ist die für Naturwissenschaften typische "induktive" Methode, nein, es geht darum, aus einer mathematischen Aussage durch reines Denken mit Hilfe der Logik andere Aussagen abzuleiten. Dies ist ein "deduktives" Vorgehen. Wenn 3, 5, 7 Primzahlen sind, so kann man aus diesen drei Beobachtungen nicht schließen, dass alle ungerade Zahlen Primzahlen sind. Mathematik ist kein Glaube: Mathematische Aussagen sind objektiv überprüfbar. Was einmal bewiesen wurde, muss nie revidiert werden. Der Satz des Thales, der vermutlich erste mathematische Satz, kann nie falsch werden. Er gilt immer. Das hilft schon ein wenig weiter. Danach versucht Beutelspacher, einige wesentliche Aspekte der Mathematik in wenigen Sätzen zu umschreiben: Mathematik ist der Versuch, logische Strukturen zu entdecken. Mathematik ist eine Sammlung von Ideen. Mathematik ist eine Weise, die Welt zu erfahren. Schön formuliert, stimmt auch alles. Aber auch andere Wissenschaften versuchen logische Strukturen zu entdecken, sind eine Sammlung von Ideen, und eine religiöse Überzeugung ist eine andere Weise, die Welt zu erfahren. Es bleibt dabei, eine allgemein anerkannte Definition gibt es nicht. Lassen wir es also. Wir wissen, was Mathematik ist, können es nur nicht sagen. Noch eine Bemerkung zu 2008, zum Jahr der Mathematik. Es war ein Jahr voller Aktivititäten: Fernsehsendungen, Hörfunkbeiträge, Aktionen in Städten, Kinderunis, Mathe-Ralleys, lange Nächte, vieles mehr. Die Mathematiker haben sich alle Mühe gegeben, die Gruppe der Mathehasser zu einer bedeutungslosen Minorität schrumpfen zu lassen, hoffentlich ist dies gelungen. Im Saarland war besonders viel los. Es gab eine Ringvorlesung der Uni, mit hochkarätigen Beiträgen, es gab ein Symposium der HTW, es gab Lange Nächte der Mathematik, an der Marienschule in Saarbrücken, am Keplergymnasium in Lebach, im Warndt und natürlich in Theley. Dazu viele Vorträge, Mathe und Literatur und noch mehr. Es gab und gibt die Kolumne in der SZ, die Tholeyer Reihe "Mathe für alle" wird fortgesetzt. Wir im Saarland haben enorm viel auf die Beine gestellt, wesentlich mehr, als man von einem kleinen Bundesland erwarten konnte. Und dies wurde auch im fernen Berlin bemerkt, man hat uns belohnt: Die Organisatoren der Wissenschaftsjahre, die Initiative "Wissenschaft im Dialog", haben die Gestaltung des Wissenschaftssommers 2009 an das Saarland vergeben. Ein toller Erfolg, wir können stolz darauf sein. Und wir, die SZ mit ihrer Leserschaft, haben dazu beigetragen.

Auf einen BlickDie Lösung schicken Sie bitte an folgende Adresse, per Brief oder Karte: SZ-Redaktion St. Wendel, Mia-Münster-Straße 8, 66606 St. Wendel, per Fax (06851) 9396959, per E-Mail: redwnd@sz-sb.de. red

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort