Mit indischer Weisheit Ausstellung eröffnet

St. Ingbert. Es war eine Ausstellungseröffnung der etwas anderen Art am Sonntag in der Rathausgalerie. Denn statt seine gegenstandslosen Werke zu erklären, zitierte Joachim Ickrath eine lange Passage aus "Schakal und Tiger", seiner soeben erschienenen Übersetzung von sieben Erzählungen aus dem "Mahabharata", dem bekanntesten indischen Epos

St. Ingbert. Es war eine Ausstellungseröffnung der etwas anderen Art am Sonntag in der Rathausgalerie. Denn statt seine gegenstandslosen Werke zu erklären, zitierte Joachim Ickrath eine lange Passage aus "Schakal und Tiger", seiner soeben erschienenen Übersetzung von sieben Erzählungen aus dem "Mahabharata", dem bekanntesten indischen Epos. Eine interessante, belehrende Geschichte über Wahrheit, Weisheit und Gerechtigkeit, über gute und schlechte Taten.

Doch so manchem Besucher fehlte der Bezug zu den Werken des 1940 in Berlin geborenen Künstlers, der im Laufe seines bewegten Lebens unter anderem zwei Jahre in Indien verbrachte. Aus jenen Jahren stammt seine Liebe zur indischen Philosophie, die er nun in deutscher Sprache unter die Leute bringen will - mit sanftem Lächeln und leicht gehobenem Zeigefinger. Doch wer ihn kennt, der weiß, dass der Buddhismus für ihn schon seit mehr als 40 Jahren eine große Rolle spielt und dass seine Gemälde in einer Philosophie der Klärung des Bewusstseins gründen. Darunter versteht er einen Prozess der Befreiung des Geistes von der sichtbaren Wirklichkeit, so wie er in der Meditation stattfindet.

Der bewusste Verzicht auf Gegenständlichkeit brachte ihn dazu, seine bildnerischen Mittel auf ein Minimum, auf Linie und Farbe zu reduzieren. Elementare geometrische Formen eroberten seine Gemälde und machten das Element des Meditativen schon in der Gestaltung gegenwärtig. Gemälde wie diese 43 Linienbilder, die nun die Wände der Rathausgalerie zieren, verlangen eine sehr ruhige und bedächtige Vorgehensweise, weil sie sich an geometrischen oder arithmetischen Reihen orientieren und alle in reiner Handarbeit, vielfach mit der Ziehfeder, gefertigt sind. In vielfältigen Varianten überspannen hier genau gesetzte Linien die Leinwand in einem dichten Gespinst; sie kreuzen sich und bringen verschiedene Bewegungsrichtungen ein.

Die Abstände zwischen ihnen sind streng eingeteilt, ihre Kreuzungen kalkulierbar. Und doch gibt es immer wieder kleine Unregelmäßigkeiten, weil die Farbe aus der Ziehfeder - eigentlich ein Architekteninstrument - auch mal schneller fließen und auf der Leinwand eine verbreiterte Linie hinterlassen kann. Durch die vielfältigen Linienüberlagerungen entsteht ein Spiel mit der Wahrnehmung.

Manche Werke beginnen vor den Augen zu vibrieren, sich zu bewegen. Sie irritieren das Auge des Betrachters und konfrontieren ihn in Form der optischen Täuschung mit seiner eigenen Wahrnehmung. Mit diesen Werken stellt sich Joachim Ickrath ganz klar in die Tradition der Konkreten Kunst, einer Kunstart, die Linie, Farbe, Fläche, Raum ohne jede Assoziation zur Wirklichkeit als autonome künstlerische Mittel einsetzt.

Auf einen Blick

Die Ausstellung "Joachim Ickrath - Einheit / Vielfalt" läuft bis zum Sonntag, 16. April. Rathausgalerie im 1. Obergeschoss des Rathauses St. Ingbert während der regulären Öffnungszeiten des Rathauses. Das Buch "Schakal und Tiger - 7 Erzählungen aus dem Mahabharata" ist im Zenit und Nadir-Verlag erschienen, 160 Seiten, 12,30 Euro. qb

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