Mehr Hilfe für minderjährige Gewaltopfer

Saarbrücken. Als Isabella (Name von der Red. geändert) schilderte, wie sie nach zehn Jahren Gewalt in der Partnerschaft ins Frauenhaus flüchtete, erzählte sie auch von ihren Kindern. Die mussten miterleben, wie ihre Mutter regelmäßig verprügelt wurde (wir berichteten). Ihre Kinder sind traumatisiert, brauchen besondere Fürsorge und Hilfe, die sie im Schutz des Frauenhauses auch bekommen

Saarbrücken. Als Isabella (Name von der Red. geändert) schilderte, wie sie nach zehn Jahren Gewalt in der Partnerschaft ins Frauenhaus flüchtete, erzählte sie auch von ihren Kindern. Die mussten miterleben, wie ihre Mutter regelmäßig verprügelt wurde (wir berichteten). Ihre Kinder sind traumatisiert, brauchen besondere Fürsorge und Hilfe, die sie im Schutz des Frauenhauses auch bekommen.Doch was ist mit den Kindern, die diese Zuflucht nicht haben? Die Landes-Koordinierungsstelle "Häusliche Gewalt" hatte bereits 2008 einen Leitfaden herausgebracht, der die Mitarbeiter von Jugendämtern unterstützen soll. Aktuell steht in der Planung, auch Schulen und Kindertagesstätten zu sensibilisieren, kindliche Opfer häuslicher Gewalt zu erkennen und entsprechend zu handeln.

"Kindeswohlgefährdung beginnt nicht erst bei körperlicher Misshandlung, sondern im Erleben häuslicher Gewalt", erklärt Marion Ernst, Leiterin der Koordinierungsstelle. Kinder, die Gewalt direkt oder indirekt miterleben, seien traumatisiert, trügen tiefe seelische Wunden davon, sagt Ernst. Sie werden in ihrer kognitiven, emotionalen und sozialen Entwicklung stark beeinträchtigt. "Eine positive Entwicklung des Kindes ist dann oft nur noch durch Interventionshilfe möglich", erklärt Ernst. Der Weg aus der Gewalt führe dabei meist über die Frauenhäuser oder die Beratungs- und Interventionsstelle in Saarbrücken. "Hier wird wirklich gute Arbeit geleistet", sagt Ernst. 311 Opfer suchten im vergangenen Jahr Schutz in den Frauenhäusern, darunter waren 165 Kinder. 865 meldeten sich in der Interventionsstelle, in 60 Prozent der Fälle waren Kinder betroffen. "Das ist nur ein Teil, viele werden nicht erreicht", erklärt Ernst.

Bereits 2008 brachte die Koordinierungsstelle daher einen Leitfaden zum Kinderschutz und Kindeswohl heraus, der sich in erster Linie an Jugendämter richtete, um die Mitarbeiter dort zu sensibilisieren, möglichst schnell und aktiv vorzugehen, wenn ein Verdacht auf Kindeswohlgefährdung vorliegt. Außerdem erfolgte eine Schulung aller Mitarbeiter und das war damals bundesweit einmalig. Der Leitfaden ist als Handlungsorientierung gedacht, darin werden unter anderem Ausmaße häuslicher Gewalt aufgezeigt. Wie die Jugendämter einschreiten können, welche Handlungsansätze es gibt, auch diese Aspekte werden intensiv aufgezeigt. Ziel sei es jetzt, Schulen und Kindertageseinrichtungen zu sensibilisieren, bei einer Gefährdung zu reagieren, sagt Ernst.

Den Auftrag, Kindern intensiv zu helfen, nehmen auch die Frauenhäuser ernst. Neben einer psychologischen Betreuung haben die Kinder dort die Chance, in Einzel- oder Gruppengesprächen ihre schrecklichen Erlebnisse aufzuarbeiten.

Auf einen Blick

Das Frauenhaus in Saarbrücken ist unter Telefon (06 81) 99 18 00, das Frauenhaus Neunkirchen unter Telefon (0 68 21) 9 22 50 und das Frauenhaus Saarlouis unter (0 68 31)22 00 zu erreichen. hth

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