Keine Besucher im Tiergarten Wie der Saarbrücker Zoo mit Corona umgeht
Saarbrücken · Osterzeit ist Zoozeit. Schulferien, Frühling, tolles Wetter, neuer Nachwuchs: Normalerweise wären die Tiergärten jetzt voller Besucher. Doch wegen der Corona-Krise mussten sie schließen. Wir haben dem Saarbrücker Zoo einen Besuch abgestattet und uns umgesehen.
Die Erdmännchen halten vergeblich Ausschau. Die Menschenaffen langweilen sich. Die Seehunde zeigen ihre Kunststücke, doch die Tribüne ist leer. Eine seltsame Stimmung liegt über dem zwölf Hektar großen Gelände am Eschberg. „Rund 1300 Tiere aus etwa 300 Arten leben zurzeit hier“, erklärt Dr. Richard Francke. Der Tierarzt arbeitet seit 1992 hier, seit 2006 als Direktor. Eine solche Situation haben er und sein über 40-köpfiges Team noch nie erlebt. Seit Mitte März ist der Zoo geschlossen. „Normalerweise wären jetzt in dieser Zeit pro Tag rund 1000 Besucher hier“, sagt Francke. „Wenn die Situation bis Ende Mai anhält, werden wir einen Ausfall von rund 200 000 Euro zu verkraften haben.“
Denn die Tiere sind ja da, sie müssen gefüttert und versorgt werden. Wie die Humboldt-Pinguine, deren Anlage immer besonders von Gästen mit Kindern belagert wird. Jetzt stehen die putzigen Kerlchen am Beckenrand und wundern sich. Keiner da, der sie bestaunt. Nur ein paar Pinguin-Eltern haben zu tun. Bei ihnen hat sich Nachwuchs eingestellt. „Napia und Pinio haben am 18. beziehungsweise 20. März zwei Babys bekommen“, erzählt Michaela Bickelmann. „Bereits im Februar haben sie Eier gelegt“, so die erfahrene Tierpflegerin, die schon seit 1982 im Saarbrücker Zoo arbeitet. Nach gut 40 Tage seien die Jungen dann geschlüpft.
Noch sind die Jungtiere ziemlich wacklig auf den Beinen, kuscheln sich am liebsten in den kleinen Unterkünften an ihre Eltern, die sorgsam auf sie achten. Das bekommt auch die Tierpflegerin zu spüren, als sie versucht, die Kleinen mal aus der Hütte zu holen – dann hacken die Eltern mit ihren Schnäbeln nach dem Eindringling.
Verändern manche Tiere ihr Verhalten, wenn längere Zeit keine Besucher kommen? „Das spürt man eigentlich nur bei den Menschenaffen“, antwortet der Zoodirektor, „denn die lieben den Kontakt besonders, reagieren stark auf die Leute.“ Bei denen merke man jetzt zuweilen, dass sie nicht so ausgeglichen sind wie sonst.
Im Gorilla-Freigehege allerdings ist davon zumindest bei meinem Besuch gerade nichts zu spüren. Kein Wunder: Tierpflegerin Simone Mahler versorgt die Primaten mit frischem Futter. Da dauert es nicht lange, und Gorilla-Boss Ivo, stolze 33 Jahre alt, und Bagira, immerhin 30 Lenze, kommen nach vorn und machen sich über Lauch, Gurke, Möhre und anderes Gemüse her. „Die mögen alles, was bitter und saftig ist“, erklärt Richard Francke, „vor allem auch frischen Salat“. Man sieht’s: Ivo und Bagira haben sich auf der Wiese niedergelassen und genießen ihr Picknick im Freien.
Die Zeit ohne Besucher wird im Zoo unter anderem dazu benutzt, die Terrasse vor dem Bistro „Futterhaus“ zu vergrößern. Dort sind etliche Arbeiter gerade zugange, um mehr Platz zu schaffen. „Im Herbst wollen wir dann auch den Kinderspielplatz neu gestalten“, berichtet der Zoodirektor. Von den Beschäftigten in Büro und Verwaltung würden einige Home-Office machen, andere feiern Resturlaub oder Überstunden ab.
Nächste Station unserer kleinen Rundreise ist die Unterkunft der Vorwerkhühner. Dort ist mächtig was los, denn es hat Nachwuchs gegeben. „Ausgerechnet jetzt, wo sie kaum einer sehen kann“, bedauert der Zoodirektor, denn besonders die kleinsten Zoobesucher seien da immer ganz begeistert. „Die Küken sind jetzt zweieinhalb Wochen alt“, erläutert Tierpflegerin Bickelmann. Und ganz schön munter. Das kleine Federvieh wuselt durch die Voliere – für ein Foto mal mehr oder weniger ruhig stehen bleiben kommt gar nicht in Frage. „Die Vorwerkhühner sind eine Haustierrasse, die vom Aussterben bedroht ist“, erläutert Richard Francke. Ab 1900 hat der Hamburger Kaufmann Oskar Vorwerk die gelben Hühner mit dem schwarzen Hals und schwarzen Schwanz gezüchtet.
Schon etwas älter ist der Nachwuchs bei den Seehunden. Xaver (mit 34 Jahren der älteste) und Cille kümmern sich um ihren Sohn Finn, der inzwischen zehn Monate alt ist. Auch die übrigen Seehunde (sechs insgesamt) sind munter. Tierpflegerin Michaela Bickelmann nutzt die Zeit ohne Besucher und damit auch ohne Vorführungen, um mit den Tieren zu üben. „Wir trainieren täglich, ich übe mit den Seehunden neue Kunststücke ein. Einer lernt gerade Mundharmonikaspielen.“ Da werden die Besucher staunen, wenn der Zoo wieder geöffnet sein wird...