Wenn die Stimmung fast greifbar wird

Sulzbach · Zu Gast in der Sulzbacher Stadtbibliothek war der Buchautor Jens Eisel. ,,Bevor es hell wird“ heißt sein erster Roman, den er vorstellte.

 Jens Eisel in der Stadtbibliothek. Foto: Thomas Seeber

Jens Eisel in der Stadtbibliothek. Foto: Thomas Seeber

Foto: Thomas Seeber

"Im Verborgenen hat sich viel getan", meinte Martin Degen, der Leiter der Stadtbibliothek, am Donnerstagabend über Jens Eisel. Damit meinte Degen den Entwicklungsfortschritt seit der letzten Sulzbacher Lesung des Hamburger Autors vor zwei Jahren. Damals las der in Neunkirchen geborene Schriftsteller aus "Hafenlichter". Das Buch wurde vom Literaturwerk Rheinland-Pfalz/Saar als "Debüt des Jahres" prämiert.

Nun also las er aus seinem ersten Roman "Bevor es hell wird". Es scheint einiges Persönliches von ihm in dem Buch enthalten zu sein. Es sei seinem Bruder und einem Markus, gewidmet, sagte der Autor. Auch Eisels Wechsel nach Hamburg habe damals irgendwie etwas mit Flucht zu tun gehabt, gestand der 1980 Geborene. Sein neues Werk spielt auch in der Weltstadt an der Elbe.

Zur Handlung: Zwei Brüder ziehen mit ihrer Mutter Mitte der 90er Jahre dort hin. Man hat das erste Mal das Gefühl, angekommen zu sein. Erzähler Alex kommt gerade aus dem Knast. Er nimmt die S-Bahn nahe der Justizvollzugsanstalt, um zum Bahnhof zu gelangen. Sein Ziel ist Normans Werkstatt. Bei ihm hat er vor der Inhaftierung gearbeitet. Gleichzeitig ist der sein bester Freund. Das Gefühl, nie weggewesen zu sein, beschleicht ihn, als er den Hof betritt und ihm nach und nach alles wieder in den Sinn kommt. Eine alte Segelyacht, die hier steht, weckt sein Interesse. Er übernimmt sie, macht sie wieder flott und wohnt darin. Die Hauptperson denkt oft an "ihn". Wer das ist und ob es zu einem Happy-End kommt, damit ließ der ehemalige Hausmeister und Lagerarbeiter die Leute bei der Lesung absichtlich im Unklaren. Der Spannungsbogen sollte erhalten bleiben.

Alex macht sich auf, die Stationen seiner Vergangenheit zu besuchen. Das Haus, in dem er mit seiner Familie wohnte, oder das Grab des Bruders. Als er Freundin Carmen wiedertrifft, merkt er, was er vermisst hatte. Geborgenheitsgefühle kommen hoch.

Es sei nicht einfach gewesen, sich nach "Hafenlichter" - eine Sammlung von Kurzgeschichten - auf etwas Neues einzulassen, gestand der Schriftsteller. Geholfen habe ihm eine Art Stadtschreiber-Stipendium in Eckernförde. Diese zwei Monate vor einem Jahr hätten ihm das Schreiben von "Bevor es hell wird" sehr erleichtert. Auch das Alleinleben, nur mit seinem Hund, habe ihm dabei gutgetan, blickte Jens Eisel am Ende der Lesung zurück. Gegenüber Martin Degen, der ihn interviewte, und den Besuchern der Lesung gab er an, jeden Tag eine Seite geschrieben zu haben. Das klinge nach wenig, sei aber gar nicht so einfach. Etwa die Hälfte der 208 Seiten des im Pieper-Verlags erschienen Buchs sind nahe dem Ostseebad entstanden. Oft sei er auch unsicher gewesen, gab der Ex-Schlosser zu. "Roman - kann ich das überhaupt?", habe er sich gefragt. Doch die Vorteile, etwa neue Figuren zu entwickeln, bieten ihm schriftstellerisch mehr Möglichkeiten, so Eisel.

Aktuell arbeitet er an Roman Nr. 2. Lyrik sei nichts für ihn. "Ich habe noch nie ein Gedicht geschrieben", sagte er in der Bücherei. Dafür fotografiert er gerne. Er denkt, das sei "hobbymäßig". Martin Degen hält das für Untertreibung, da die Qualität höher anzusiedeln sei. Eisel hält Tageserlebnisse fest und transportiert diese Stimmungen in Text. "Ich hatte Bilder vor Augen, trotz banaler Sätze", lobte ihn eine Besucherin. "Sie schildern das sehr schön", meinte ein anderer Mann. Er arbeite sehr visuell - so kommentierte es der Autor.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort