Kneipp am eigenen Leib"Kniegüsse nehmen alle Schwere aus den Beinen"

Riegelsberg. Viele Leute laufen bei den kleinsten gesundheitlichen Beeinträchtigungen zum Arzt, der Riegelsberger Jakob Lang geht ans Bücherregal und guckt bei Sebastian Kneipp nach, welches Kraut gegen Nervosität, schwere Beine oder Kopfweh gewachsen sein könnte

 Jakob Lang gut gelaunt und nicht erschöpft beim 24-Stunden-Lauf 2011 in Reichenbach. Er lief gut 181 Kilometer. Foto: Eddy Hans

Jakob Lang gut gelaunt und nicht erschöpft beim 24-Stunden-Lauf 2011 in Reichenbach. Er lief gut 181 Kilometer. Foto: Eddy Hans

Riegelsberg. Viele Leute laufen bei den kleinsten gesundheitlichen Beeinträchtigungen zum Arzt, der Riegelsberger Jakob Lang geht ans Bücherregal und guckt bei Sebastian Kneipp nach, welches Kraut gegen Nervosität, schwere Beine oder Kopfweh gewachsen sein könnte. Wenn der ehemalige Staatsanwalt und Richter in seinem mittlerweile gut 70-jährigen Leben eine - im wahren Wortsinn - heilsame Erfahrung gesammelt hat, dann die, dass die ebenso einfache wie volksnahe Gesundheitslehre von Kneipp bei fast allen Beschwerden Linderung ohne Nebenwirkungen verspricht. Jakob Lang zählt zu den weltbesten Seniorenläufern auf den ultraweiten Strecken von 50 Kilometern und mehr. Dass er diese körperlichen Höchstleistungen erbringen kann, verdankt er einem Leben nach den "fünf Elementen" Kneipps: entspannter Alltag, gesunde Ernährung, Bewegung, Anwendungen mit Heilkräutern sowie Wassergüsse.Es ist für viele Zeitgenossen ein großer Gewinn, dass Kneipp-Jünger Jakob Lang sein Wissen über den vor 190 Jahren geborenen "Wasserdoktor" und seine Lehre als Gesundheitstrainer und Kursleiter für Heilpflanzenkunde in Vorträgen und Kursen weitergibt. Die gesamte saarländische Kneipp-Bewegung hat durch ihn einen Schub erhalten. Nun hat Jakob Lang auch noch ein Buch geschrieben: "Ein Plädoyer für Sebastian Kneipp - Sein Leben und seine Lehre" heißt es, ist im Winterwork-Verlag erschienen und kostet 9,90 Euro. Auf 136 Seiten hat der Autor die Essenz des Kneippschen Denkens und Wirkens zusammengefasst.

Wie es sich für einen ehemaligen Beamten geziemt, ist das Werk säuberlich gegliedert, so dass man es auch als Lexikon zur Hand nehmen kann. Die Sprache ist kräftig und klar, einige Fotos unterstreichen den Text. So dürfte es leicht gelingen, dass zumindest ein kleiner Funke der Langschen Begeisterung für Kneipp auf den Leser überspringt.

Kann man über Kneipp überhaupt noch etwas Neues sagen? Es gibt doch wohl schon viel Literatur dazu.

Barkey: Jeder Autor bringt einen neuen Aspekt hinein. Jakob Lang hat aus der Sicht des aktiven Gesundheitstrainers und des aktiven Ausdauersportlers geschrieben. Er bringt seine Erfahrungen als Extremsportler ein. Schließlich ist er Vizeweltmeister im 100 Kilometerlauf und Deutscher Meister im 24-Stunden-Lauf. Über 180 Kilometer ist er in 24 Stunden gelaufen. Das muss man sich mal vorstellen. Normalerweise ist jeder nach 180 Kilometer Autofahrt erschöpft.

Von der Weltmeisterschaft in Genua gibt es eine nette Anekdote. Sie wollten ihm dort aufs Siegerpodest helfen. Aber er hatte einfach ein paar Kneippanwendungen gemacht und ist leichtfüßig allein hinaufgestiegen. Auch das Buch ist so leichtfüßig geschrieben. Es ist so geschrieben, dass jeder, der anfängt, weiter liest. So anschaulich. In einer wirklich eingängigen Sprache. Er hat beispielsweise auch die Heilpflanzen fotografiert. Viele in seinem Garten in Riegelsberg. In den einzelnen Kapiteln gibt es zwischendurch für den Leser immer wieder praktische Tipps. Zu Ernährung etwa oder zur Entspannung. Das macht das Buch interessant, vor allem auch für ältere Leser.

Also konnten auch Sie aus dem Buch etwas lernen?

Barkey: Sehr viel. Ich lerne ja auch aus jedem Gespräch mit ihm. Jedesmal erschließt sich mir eine neue Sicht. Auch in Richtung Gelassenheit, Lebensordnung. Wir haben um die gleiche Zeit angefangen zu laufen. Etwa 1984 bei den Lauftreff-Freunden Köllertal. Jetzt treffen wir uns immer beim Lauftreff in Hilschbach. Ich mache mittlerweile Walking. Lang ist Lauftrefftrainer vom Kneippverein. Die Gruppen sind parallel unterwegs. Wir haben viel über das Buch gesprochen. Von Kneippianer zu Kneippianer.

So waren Sie von Anfang mit dabei?

Barkey: Ich habe das Entstehen des Buches miterlebt. Den Werdegang bis hin zur Verlagssuche, die sich umständlich gestaltet hat. "Ich muss einfach schreiben, was ich erlebe - als Lauftrainer und als Anwender der Kneippschen Lehre", hat Jakob Lang zu mir gesagt. Vor drei Monaten kam er mit den Druckfahnen. Alles war topp. Ich konnte keine Anmerkungen machen.

Wie hat er sich Jakob Lang denn nach den 100 Kilometern in Genua fit gemacht?

Barkey: Mit Kniegüssen. Das ist das, was er nach dem Laufen gerne macht. Da sprechen wir auch viel drüber. Kniegüsse beleben den Kreislauf und nehmen alle Schwere aus den Beinen.

Welchen Stellenwert hat die Lehre von Kneipp heute?

Barkey: Die Lehre wurde im Rahmen der Kneippbewegung weiterentwickelt. Yoga, Wassergymnastik, Walken. Was Pfarrer Kneipp gesagt hat - wenn ihr nicht so faul herum sitzen würdet, dann wäret ihr gesund - das ist ja heute Allgemeingut. Trotzdem ist Kneipps Lehre auch nach 150 Jahren immer noch nicht richtig in das Bewusstsein der Bevölkerung gerückt. Die Kneipp-Medizin gehört zu den Naturheilverfahren. Die Schulmedizin, vor allem die Gesundheitspolitik, tut sich noch schwer damit.

Zur Person

Der Autor Jakob Lang, aktiver Gesundheitstrainer, Kursleiter für Heilpflanzen und Vizepräsident vom saarländischen Sozialgericht i. R., wohnt in Riegelsberg. Lang stammt aus Bayern und war Landwirt, bevor er das Abitur nachmachte und Jura in Saarbrücken studierte. Lebenslanges Lernen ist für den 71-jährigen gelebte Philosophie. Zur Zeit macht er eine Ausbildung zum Anti-Stress-Trainer in Bad Wörishofen. Lang ist begeisterter Ausdauerläufer, er gehört bei den 100-Kilometer-Strecken, den 50-Kilometer-Strecken sowie den 12- und 24-Stundenläufen zur Weltklasse in seiner Alterskategorie. hof/dg

Auf einen Blick

 Werner Barkey an der Wassertretanlage des Riegelsberger Kneipp-Vereins. Foto: aki

Werner Barkey an der Wassertretanlage des Riegelsberger Kneipp-Vereins. Foto: aki

Buchvorstellung: "Ein Plädoyer für Sebastian Kneipp - Sein Leben und seine Lehre" von Jakob Lang wird am morgigen Freitag, 2. Dezember, 20 Uhr, in der Riegelsberger Rathausgalerie vorstellt. Autor Jakob Lang wird einzelne Kapitel vorlesen und dabei das Leben von Pfarrer Kneipp auch aus juristischer Sicht, aus der Sicht des ehemaligen Staatsanwalts, beleuchten. Erschienen ist das Buch in der Edition Winterwork. Borsdorf 2011. hof

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