Kolumne Heiße Spur und kalter Kaffee

Die Saarbrücker Krimi-Rätseltour dauert fünf Stunden. Das ist ungewöhnlich lang für einen Krimi.

Kolumne: Heiße Spur und kalter Kaffee
Foto: SZ/Robby Lorenz

Lesen Sie gerne Krimis? Sind Sie da eher für die Sherlock-Holmes- oder die Derrick-Variante? Also davon angetan, wenn ein von den Göttern mit horrenden mentalen Fähigkeiten ausgestatteter Detektiv aus altem Kaffeesatz, angeknabberten Fingernägeln und grauen Kaschmirflusen an gelber Krawatte sofort ein unglaublich dezidiertes Täterprofil inklusive Mordmotiv und möglichen Folgetaten herleiten kann? Oder eher davon überzeugt, wenn ein pragmatischer Kommissar erstmal besagten Kaffee trinkt, bevor er dessen Satz alt werden lässt, ein paar naheliegende Fragen stellt, die jedem sonst auch eingefallen wären und Harry den Wagen holen schickt?

Die haben was Vergnügliches, diese Krimis. Man darf sich zurücklehnen, sich freuen, dass einen selber noch niemand gemeuchelt hat, und man auch keinen wüsste, der das vorhätte – hoffentlich. Und sich daran laben, dass der skrupellose Verfasser solch packender Lektüre gerade ganze Gemeinden auf natürlich noch nie da gewesene, bestialische Art und Weise durch einen offensichtlich vom Alltag zutiefst gelangweilten Täter dahinraffen lässt, der im Nebenberuf als unbescholtener Kaninchenzüchter brilliert.

Es gibt aber auch Krimi-Events, da ist es nix mit Kissen, Couch und Beine hoch beim Schmökern, da muss man tätig werden. Die Ärmel hochkrempeln und in die Rolle des Ermittlers schlüpfen. So etwas bietet unsere Landeshauptstadt an, eine „Spurlos-Krimirätseltour“, bei der Kinder und Erwachsene über Stock und Stein, beziehungsweise St. Johanner Markt, Schloss und Ludwigsplatz einem oder mehreren Tätern hinterherjagen dürfen. Klar, logisch kombinieren können, ist angebracht. Ein Talent, auf das man bei einem Gros der aktuellen Krimi-Kost leider verzichten kann, weil dort von Logik soviel die Rede ist, wie beim „Alten“ von nervenzerrüttendem Thrill. Na, egal. Jedenfalls dauert die Saarbrücker Krimirätseltour fünf Stunden, uff! Spürsinn plus Durchhaltevermögen braucht’s da. Geht das nicht schneller? Man nehme den nicht eben sportiven Maigret, der hat die Gauner schon nach 60 TV-Minuten am Schlafittchen...

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