Schmierfink besudelt Graffiti Graffiti-Minijam an der Stadenmauer

St. Arnual · Ein Passant hatte mehrere Bilder mit Parolen besudelt. Jetzt wollen die Sprüher etwas Neues schaffen.

 Eines der Graffiti von der Stadenmauer, die ein Unbekannter mit diversen Parolen besudelt hatte. 

Eines der Graffiti von der Stadenmauer, die ein Unbekannter mit diversen Parolen besudelt hatte. 

Foto: Alexander Karle/Patrick Horn

Seit mehr als zehn Jahren zeigt die Graffiti-Wand am Staden zum einen die wohl dynamischste und spannenste Wechselausstellung der Stadt, und zum anderen steht sie als 4560 Meter langes Symbol für Respekt und Toleranz. Diese Grundsätze sind für einen solchen Raum unabdingbar, auch wenn sie vor Ort nicht in gedruckter Form angeschlagen sind.

An der Vorderseite malt, wer schon fortgeschritten ist, in den beiden Tunneln darf jeder ran. Bilder werden übermalt, wenn sie entweder schon sehr lange stehen oder das neue Bild besser ist. Konflikte werden in einem friedlichen Wettstreit mit Farben gelöst. Das  sind Regeln, die auf Verantwortungsgefühl bauen.

Eben das scheint aber einem älteren Mitbürger verloren gegangen zu sein. Über die Wintermonate schmierte er Hassparolen im Jargon des Dritten Reiches mitten in riesige Graffiti-Gemälde, die gerade erst beim letzten großen Meeting entstanden waren.

Die Sprüher-Szene war irritiert und versuchte, schnellstmöglich die Stellen auszubessern. Doch fast täglich kam auch der Schmierer wieder zurück. Das führte bei den Sprühern zu Ratlosigkeit über den Täter und seine Zerstörungswut.

Vor ein paar Wochen dann saß der Künstler Alexander Karle, welcher auch hin und wieder an der Wand malt, vormittags am Staden und traute seinen Augen nicht. Am helllichten Tag beobachtete er, wie ein Jogger erneut Sprüche anbrachte. Er bat einen Passanten Fotos zu machen und fuhr mit dem Rad auf die andere Seite, um den Täter zur Rede zu stellen. Der weit über 65-jährige Schmierer berief sich laut Karle darauf, dass es nach Oberbürgermeisterin Charlotte Britz doch jedermann erlaubt sei, hier zu malen. Außerdem berichtete Karle, dass der Schmierer erklärte, er habe mit seinen Parolen doch Recht und die Graffiti an der Stadenwand sei „undeutsch“. Karle wies ihn auf die Herkunft seiner Parolen hin und riet ihm, seine Aktivität sofort einzustellen.

Mittlerweile waren im Internet massiv die Fotos der geschändeten Graffiti verbreitet worden.  Und so entstand nach Einschätzung der Graffiti-Künstler im Netz ein sehr negatives Bild von Saarbrücken. Auch wenn der Täter sein Treiben bisher eingestellt hat.

Um das Saarbrücken-Bild aus den Internetforen der Graffiti-Sprüher zu korrigieren, organisiert die Szene selbst am kommenden Samstag, 21. April, eine Graffiti-Minijam an der Wand. Zirka 50 Künstler verschiedensten Alters aus der Region werden einen Teil der Stadenwand neu bemalen und dabei ihren Gedanken und Sichtweisen folgen. Sie wollen zeigen, dass Graffiti in einer internationalen Gemeinschaft für eine offene Gesellschaft steht.

Das saarländische Ministerium für Bildung und Kultur unterstützt die Aktion und finanziert einen Grundstock an Dosen, und der Regionalverband stellt Restfarben zur Verfügung. Besucher sind eingeladen den Künstlern bei der Arbeit zuzusehen, am besten ist dies von der gegenüberliegenden Saarseite aus möglich. Fahrradfahrer werden gebeten abzusteigen.

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