Neueinstellungen am UKS Weiter Ärger um Pflege-Entlastung

Homburg · Das Homburger Uniklinikum verweist auf Erfolge hinsichtlich neu zu besetzender Stellen. Auch die Abwerbung von 18 Mexikanern fällt darunter. Die Gewerkschaft Verdi kritisiert aber das Tempo der Bemühungen mit deutlichen Worten. Das UKS verstecke sich hinter komplizierten Argumenten. Die Mehrheit der Belegschaft sei frustriert und enttäuscht.

 Hinsichtlich der Entlastung des Pflegepersonals an den Homburger Unikliniken tut sich einiges. Das sieht auch Verdi so. Allerdings müsste es viel schneller voran gehen, so die Kritik. Die Mehrheit der Mitarbeiter sei sehr unzufrieden.

Hinsichtlich der Entlastung des Pflegepersonals an den Homburger Unikliniken tut sich einiges. Das sieht auch Verdi so. Allerdings müsste es viel schneller voran gehen, so die Kritik. Die Mehrheit der Mitarbeiter sei sehr unzufrieden.

Foto: dpa/Peter Steffen

Die Homburger Uniklinken haben vergangene Woche einen umstrittenen Schritt auf dem Weg getan, ihr Pflegepersonal auf das Niveau aufzustocken, wie es mit der Gewerkschaft Verdi am 19. September 2018 verhandelt wurde. Gemeinsam mit dem Klinikum Saarbrücken hatte man in Mexiko 38 Pflegehelfer angeworben. Das führte prompt zu Kritik der Linken, die die Verantwortlichen zurückwiesen (wir berichteten im Landes-Teil).

Von den Angeworbenen sollen 18 in Homburg zum Einsatz kommen, und zwar vor allem auf den Intensivstationen und in den Operationssälen. Dort hat das UKS (nicht als einzige Einrichtung im Saarland) laut Christian Müller, dem Leiter des Personaldezernates, Nachholbedarf. Wie sieht es insgesamt bei der Pflege in den Unikliniken aus? Von den 145 Extra-Stellen seien 77 (plus die 18 Mexikaner) durch zusätzliche Einstellungen besetzt worden, so Müller. Darunter fielen auch Übernahmen eigener Azubis in unbefristete Arbeitsverhältnisse. „Angesichts der sehr angespannten Arbeitsmarktsituation im Bereich der Pflegekräfte und entsprechend hoher Fluktuation ist dies mehr als beachtlich“, findet Müller. Er betont, dass 110 der 145 Stellen unter Finanzierungsvorbehalt des Pflegepersonalstärkungsgesetzes stünden. Der UKS-Verantwortliche: „Diese Refinanzierung ist nach derzeitigem Sachstand noch nicht final sichergestellt.“ Allerdings komme man den Soll- und Regelbesetzungen, die man aus den Personalbedarfsermittlungsverfahren abgeleitet habe, „schon recht nah“. Die Soll- und Regelbesetzung war September 2018 ein weiterer Verhandlungspunkt. Ebenso wie ein individuell einklagbarer Belastungsausgleich.

Dieser wird seit 1. April in Form der sogenannten „Überlastungstage“ durchgeführt – eine deutschlandweit einmalige Regelung. Sie besagt: Arbeitet das Personal in Unterbesetzung, dann muss ihm ein Belastungstag gutgeschrieben werden. Acht solcher Tage führen automatisch zu einem freien Tag im folgenden Dienstplan. „Erste Ausgleichstage wurden bereits gewährt“, erklärt Müller, ohne Details zu nennen.

Das UKS sei bei der Umsetzung der schuldrechtlichen Vereinbarung von September 2018 im Zeitplan, bei einigen Themen sogar deutlich davor. Etwa bei der Personalbedarfsermittlung, die die Grundlage für Personalmaßnahmen gebildet hatte. Hier liege man je nach Bereich sechs bis zwölf Monate vor den Vorgaben. Die Arbeitsbasis mit Verdi und dem Personalrat sei „sehr gut“, „pragmatische Lösungen“ in Detailfragen zur Entlastung der Mitarbeiter möglich. Positiv sei, dass man Azubis, denen man früher nur befristete Verträge angeboten habe, inzwischen frühzeitig langfristig ans UKS binde. Etwa durch Info-Veranstaltungen mit dem Vorstand. So könne man alleine im Oktober 2019 von 39 Absolventen 33 übernehmen. „Diese Übernahmequote ist im Vergleich zu vielen Ausbildungseinrichtungen in dieser Dimension richtig gut“, bewertet Müller. Auch habe man viele Teams und Mitarbeiter der Stationen erfolgreich in Kreativ-Prozesse mit einbezogen. Diese hätten sich etwa als Testimonials für die Stellenanzeigen zur Verfügung gestellt und an den Kernbotschaften mitgearbeitet. Müller: „So konnte in vielen Bereichen, wie beispielsweise dem Kreißsaal, eine Entspannung erzielt werden.“

Verzögerungen gebe es noch beim Aufbau von Springer-Pools. Hier müsse noch „das Mengengerüst der Organisationsbereiche definiert“, danach „Poolgrößen und Poolstrukturen festgelegt werden“.

Hier hakt Michael Quetting, Verdi-Sekretär in der Region Saar-Trier, ein. Sicher 50 Leute müssten in seinen Augen in einem solchen Springer-Pool sein, damit der entlastend wirke. Aktuell bestehe er aus sechs. Es gebe eine Menge Bewerbungen, die aber womöglich wo anders Lücken rissen. Und die weltweit einzigartige Belastungstags-Regelung („die beste, die ich kenne“) klappe in seinen Augen „größtenteils, aber nicht überall“. Strittig sei etwa, ob man die Station zu Schichtbeginn oder –ende betrachte, Stationsleitung raus- oder reinrechne. Er gehe davon aus, dass sich bei der Ermittlung der Personalbemessungszahlen ein weiterer Personalbedarf über die 145 festgelegten Stellen hinaus ergebe. Generell erkenne er die Bemühungen des UKS an: „Ich kenne keine Klinik, an der so viel bewegt wurde wie hier. Ich sage aber nicht, dass alles gut ist. Wir gehen den Weg viel zu langsam, hatten auf eine schnellere Entlastung gehofft. Man müsste noch ernsthafter versuchen, Personal zu generieren.“ Die Belastung der Pflegekräfte nehme nicht ab, was an den gewährten Überlastungstagen – nach seiner Vermutung könnten es hunderte sein – deutlich werde. Das schüre die Unzufriedenheit bei einer bitter enttäuschten Mehrheit am UKS. „Wenn ich bei Einstellungen einen Run haben will, muss ich beste Bedingungen haben, dafür sorgen, dass man seine Fortbildungen machen kann, muss Leuchtturm werden.“

Enttäuscht worden sei Verdi etwa, dass das Konsequenzenmanagement nicht umgesetzt worden sei, wie man es sich vorgestellt habe. Dass in unterbesetzten Abteilungen Betten nicht geschlossen, Operationen nicht zurückgefahren würden. „Wir hatten besprochen, dass es Anweisungen gibt, welche Tätigkeiten dann nicht mehr gemacht werden. Doch das wird nicht umgesetzt. Wir kommen uns vor wie an einer Gummiwand“, klagt Quetting. Die „netten Absichtserklärungen“ hielten im Konkreten nicht Stand.

Es stimme im Übrigen nicht, dass das UKS bei der schuldrechtlichen Vereinbarung in manchen Bereichen sechs bis zwölf Monate vor dem Zeitplan liege. Beim Pflegebedarf zwar schon, doch die ermittelten Zahlen müssten auch angewandt werden. „Die könnten meinetwegen ab dem nächsten Monat gelten“, findet Quetting. In seinen Augen ist der Verweis auf den Finanzierungsvorbehalt von 110 Stellen vorgeschoben. „Mir ist nicht bekannt, dass der Bundesgesundheitsminister hier lügt. Das ist ein Verstecken hinter komplizierter Argumentation“, sagt der Gewerkschaftler. „Ich möchte eine Stelle in der Pflege sehen, die die Uniklinik nicht bezahlt bekommt. Da bringe ich Bundesgesundheitsminister Spahn hierher. Das wäre einmalig, dass die Bundesregierung ihr Versprechen nicht hält.“

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