Entlastung wird für den OB zur Belastung

St Ingbert · Der Stadtrat stellt nach dem Rechtsstreit um Rambaud eine Bedingung vor der Entlastung des OB für 2015: Zuvor werden Regressansprüche geprüft.

Das Verhältnis zwischen der Mehrheitskoalition und Oberbürgermeister Hans Wagner ist weiter angespannt. Dafür gab die jüngste Stadtratssitzung ein beredtes Beispiel. Der Anlass anscheinend harmlos, die Wirkung heftig. Die Mehrheit der Stadtratsmitglieder aus Reihen von CDU, Familien-Partei, Grünen und WfI verweigerte dem OB die anstehende Entlastung für das Haushaltsjahr 2015. Die Entlastung wurde stattdessen bei 21 Ja- und 14-Nein-Stimmen so lange vertagt, bis ein Rechtsgutachten vorliegt. Konkret soll ein externer Sachverständiger nämlich die Frage klären, ob der Mittelstadt wegen des melderechtlichen Verfahrens gegen den ehrenamtlichen Bürgermeister Pascal Rambaud Regressansprüche gegen OB Hans Wagner zustehen. Das Rechtsgutachten soll Rechtsanwalt Marcus Hirschfelder aus Saarbrücken erstellen. Obendrein wurde auf Antrag der Familien-Partei auch die Prüfung möglicher datenschutzrechtlicher Verstöße des OB im Zusammenhang mit der Meldesache Rambaud beschlossen.

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Frank Breinig hatte den Antrag auf Vertagung der Entlastung so begründet: "Die Entlastung des OB ist auch ein Vertrauensvotum." Richter hätten Wagner in Sachen Rambaud in zwei Urteilen vorm Verwaltungs- und vorm Oberverwaltungsgericht bescheinigt, mit seinen Klagen "Steuerverschwendung und Rechtsmissbrauch" betrieben zu haben. Nach diesen Urteilen sei es eine Pflicht, mögliche Regressansprüche prüfen zu lassen. "Die Entlastung wird ja nur vertagt und ist keineswegs abgelehnt", betonte Breinig.

Ganz anders argumentierten jene, die sich für eine Entlastung von Hans Wagner aussprachen. Sven Meier (SPD) hielt den Beschluss, dem schon der Rechnungsprüfungsausschuss zugestimmt hatte, für nicht verhältnismäßig. Wolfgang Weisgerber (UCD) sah zudem "zwei völlig verschiedene Schuhe" miteinander verbunden, weil auch nach einer Entlastung eventuelle Regressansprüche gegen Amtsträger möglich seien. "Das ist ein unzulässiges Junktim", sagte er. Während über die Entlastung des Oberbürgermeister beraten und entschieden wurde, hatte Wagner, in eigener Sache befangen, den Vorsitz im Stadtrat niedergelegt und die Verwaltungsbank verlassen. Die Sitzung führte bei dem Tagesordnungspunkt Markus Hauck (CDU). Als Wagner jedoch an seinen Platz zurückkehrte, wählte er deutliche Worte. Er widersprach seiner "Nichtentlastung" wegen der Kosten für den Rechtsstreits um die aus seiner Sicht immer noch offenen Wohnsitzfrage von Pascal Rambaud und die Rechtmäßigkeit dessen Stadtratsitzes. Wagner sah eine von der Stadtratsmehrheit von CDU, Familien-Partei, Grüne und Wir für St. Ingbert inszenierte "reine politische Farce". Dann zeichnete er noch einmal chronologisch auf, was ihn als Gemeindewahlleiter verlasst hatte, juristische Schritte zu unternehmen. Wagner: "Durch die Weigerung von Pascal Rambaud, sein Stadtratsmandat zurückzugeben, war eine juristische Klärung unausweichlich." Wenn die Stadtratsmehrheit ihren Verdacht der Steuergeldverschwendung unabhängig überprüfen lassen wollte, sei hierfür die Kommunalaufsicht als zuständige Aufsichtsbehörde aufzufordern, deren Bewertung völlig kostenlos erfolge, meinte Wagner. Die Vergabe eines Mandates an einen Anwalt, der auch noch namentlich bestimmt werde und dessen Honorarhöhe nicht bekannt sei, habe mit einer unabhängigen juristischen Überprüfung nichts zu tun. Wagner: "Das ist eine hundertprozentige Steuerverschwendung." Der OB kündigte zudem an, auch auf Nachfrage von Frank Breinig, in der Meldesache Pascal Rambaud und dessen Berechtigung, Mitglied im St. Ingberter Stadtrat zu sein, weiter juristisch vorzugehen.

Auch den jüngsten Beschluss des Stadtrates in Sachen seiner Entlastung will der OB der Kommunalaufsicht vorlegen.

Zum Thema:

Das Kommunalselbstverwaltungsgesetz (KSVG) bestimmt in Paragraf 101, Absatz 2: "Der Gemeinderat stellt den geprüften Jahresabschluss … bis spätestens 31. Dezember des auf das Haushaltsjahr folgenden Jahres fest; dabei beschließt er auch über die Verwendung des Jahresüberschusses, oder er stellt den Jahresfehlbetrag fest. Zugleich entscheidet er in einem gesonderten Beschluss über die Entlastung der Bürgermeisterin oder des Bürgermeisters. Verweigert der Gemeinderat die Entlastung oder spricht er sie mit Einschränkungen aus, so hat er die Gründe dafür anzugeben."

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