Vom Hineinrutschen in die Mobbing-Spirale

Wiebelskirchen · Cyber-Mobbing war das Thema eines Theatervormittags im Kulturhaus Wiebelskirchen, zu dem der Verein Pro Kids alle Siebtklässler der Gemeinschaftsschule Neunkirchen Stadtmitte und der Alex-Deutsch-Schule Wellesweiler eingeladen hatte.

 Szene aus dem Stück über Cyber-Mobbing, das das Berliner Ensemble Radiks aufführte: Lea (Romana Schneider) wird selbst von ihrem Freund Andi (Lorenz Pilz) gemobbt. Foto: Willi Hiegel

Szene aus dem Stück über Cyber-Mobbing, das das Berliner Ensemble Radiks aufführte: Lea (Romana Schneider) wird selbst von ihrem Freund Andi (Lorenz Pilz) gemobbt. Foto: Willi Hiegel

Foto: Willi Hiegel

Das könnte auch lustig sein: "Leute, die dich gar nicht kennen, erfinden Geschichten über dich", stellt Lea in einer Szene des Theaterstückes fest. Nur, dass es eben keine coolen Storys sind, sondern aus Neid gespeiste Unwahrheiten, die sich ruckizucki verselbstständigen. Das Internet hat keinen Lügendetektor, und wie ein Foto entstanden ist oder ob es sogar gefälscht ist, spielt in den sozialen Netzwerken nicht wirklich eine Rolle. Wirklich verlassen kann man sich dagegen auf eines: Ist ein Foto, ein Video, ein blöder Spruch oder was auch immer erstmal online, holt sie kein Hacker der Welt mehr zurück.

Genau das ist die Welt der etwa 120 Wellesweiler und Neunkircher Siebtklässler, die auf Einladung des Vereins Pro Kids ins Kulturhaus Wiebelskirchen gekommen waren. Wie schon im vergangenen Jahr zeigte das Berliner Ensemble Radiks dort das Stück "Fake oder war doch nur Spaß!" von Autor Karl Koch. Heldin dieser auf Tatsachen beruhenden Geschichte ist die 17-jährige Lea (gespielt von Romana Schneider). Sie spricht bei einer Casting-Agentur vor, die sie prompt unter Vertrag nehmen will. Statt sich mit Lea zu freuen, beginnt ihre beste Freundin und Bandkollegin Nadine gegen sie zu intrigieren. Lea fliegt aus der Band, im Internet schießt man sich auf "Lea Stinkfisch" ein. Die Mobbing-Spirale dreht sich immer schneller. "Lea verarschen ist zu einer Art Sport geworden", meint Nadine ungerührt. Als sich auch noch ihr Freund Andi (Lorenz Pilz) als Mittäter entpuppt, springt Lea von einer Bauruine. Was sie überlebt - andere Mobbingopfer haben nicht so viel Glück. All das wissen die Jugendlichen. Aber ihr Lachen an den unpassendsten Stellen zeigt, dass sie unsicher sind, vielleicht sogar überfordert in dem Moment und bloß nicht zeigen wollen, wie sehr sie das hier wirklich trifft.

Etwas anders liest man in dem Buch, dass die beiden Schauspieler während der anschließenden Fragerunde herum gehen lassen. Von "War ganz korrekt" bis "Ich fand's toll, aber Mobbing ist scheiße" gaben die Schüler dort anonym überwiegend positive Feedbacks.

"Das ist ein ganz großes Thema für sie, gerade jetzt aktuell", weiß Lehrerin Esther Backes. Zwar spielt sich vieles im Internet ab, "aber die Probleme werden auch in die Schule getragen." Erst vor drei Wochen hatte es ein Seminar zum Thema Cyber-Mobbing mit Peter Sommerhalter, Referent von Pro Kids, gegeben. "Das war alles noch sehr präsent." Froh war Esther Backes, dass am Schluss noch mal die Herausgabe von sensiblen Daten thematisiert wurde. "Das muss man den Jugendlichen immer wieder vor Augen führen."

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