Aus dem Gemeinderat Hitzige Debatte um Weiskircher Haushalt

Weiskirchen · Finanziell steht die Gemeinde Weiskirchen derzeit nicht gut da. Aufgrund zu hoher Defizite fehlt für den Haushalt 2022 aktuell die Genehmigung. Um das zu ändern, stehen unpopuläre Maßnahmen zur Diskussion.

 Mit einem außerordentlich hohen Haushaltsdefizit sieht sich derzeit die Gemeinde Weiskirchen konfrontiert. Daher stehen schwierige Entscheidungen an. Viel Zeit, um diese zu treffen, bleibt den Verantwortlichen jedoch nicht mehr.  Symbolfoto: Monika Skolimowska/dpa

Mit einem außerordentlich hohen Haushaltsdefizit sieht sich derzeit die Gemeinde Weiskirchen konfrontiert. Daher stehen schwierige Entscheidungen an. Viel Zeit, um diese zu treffen, bleibt den Verantwortlichen jedoch nicht mehr. Symbolfoto: Monika Skolimowska/dpa

Foto: dpa/Monika Skolimowska

Über die Haushaltslage der Gemeinde Weiskirchen hat die Verwaltung in der Sitzung am Donnerstagabend den Gemeinderat informiert (wir berichteten kurz). Die Lage ist nach Worten von Bürgermeister Wolfgang Hübschen „prekär“: Das derzeitige Plan-Ergebnis für 2022 übersteigt die Defizit-Obergrenze um mehr als 550 000 Euro. Der Haushalt ist damit nicht genehmigungsfähig und die Gemeinde kann nur in beschränktem Umfang Aufwendungen entstehen lassen und Auszahlungen leisten. Um das zu ändern, muss das Defizit reduziert, also Einnahmen generiert oder Ausgaben verringert werden. Erst dann kann der Haushalt von der zuständigen Kommunalaufsicht genehmigt werden.

Nach den Ausführungen von Kämmerer Christian Diedrich rechnet die Gemeinde im laufenden Jahr 2022 beim strukturellen zahlungsbezogenen Plan-Ergebnis mit einem Defizit in Höhe von knapp 816 228 Euro. Darin verrechnet werden Ein- und Auszahlungen aus laufender Verwaltungstätigkeit, Zahlungen zur Tilgung von Investitionskrediten und Kassenkrediten sowie der Ist-Überschuss aus 2020. Maximal erlaubt sei für 2022 unter den Bedingungen des Saarlandpaktes aber ein Defizit von 266 000 Euro. Die Gemeinde Weiskirchen überschreitet diesen Wert also um rund 550 228 Euro. 2023 würde die Gemeinde diesen Wert sogar um 710 000 Euro überschreiten, wenn nichts unternommen wird.

Diedrich: „Es bedarf daher Maßnahmen, durch die das strukturelle zahlungsbezogene Ergebnis des Jahres 2022 um mindestens 551 000 Euro verbessert wird. Diese Maßnahmen sollten mit Blick darauf, dass laut vorläufiger Finanzplanung auch in den kommenden Jahren ein Verfehlen der Vorgaben des Saarlandpaktgesetzes droht, dauerhaft wirken.“ Eine kurzfristige Lösung steht dennoch im Raum: Die Gemeinde hat laut Diedrich 2021 einen Ist-Überschuss in Höhe von 904 000 Euro erwirtschaftet. Dieser Überschuss könne laut Gesetzeslage jedoch nicht auf das Haushaltsdefizit von 2022 angerechnet, sondern frühestens 2023 berücksichtigt werden. Dass hier eine Ausnahme gemacht werden kann, darum haben Gemeinde und Landesverwaltungsamt nach Diedrichs Angaben dem saarländischen Innenministerium gebeten. Eine Rückmeldung stehe jedoch noch aus.

Was kann die Gemeinde ansonsten tun? Kämmerer Diedrich erläutert: „Angesichts der finanziellen Lage der Gemeinde Weiskirchen ist zum Beispiel die Erhebung von Eintrittsgeldern im Wildpark geboten, jedoch besteht hinsichtlich der Vertretbarkeit bei der Preisgestaltung ein kommunalpolitischer Spielraum, bei dem aber beim Abweichen vom Grundsatz der Deckung ein strenger Maßstab angelegt werden sollte. Erst nach Ausschöpfung der sonstigen Finanzmittel und der speziellen Entgelte darf die Gemeinde Steuern erheben.“ Viel Zeit bleibe nicht mehr: Nur noch bis zum 30. Juni könnten rückwirkend zum Jahresanfang Steuererhöhungen geltend gemacht werden und bis zum 31. Juli müsse die Haushaltssatzung vom Gemeinderat verabschiedet sein, wenn man keine Zuweisungen aus dem Saarlandpakt verlieren will.

Als Erster meldete sich in der Diskussion im Rat der SPD-Fraktionsvorsitzende Karsten Kiefer zu Wort und kritisierte die Gemeindeverwaltung scharf. Kiefer betonte, dass schon länger vorherzusehen gewesen sei, dass die Hochwald-Kommune irgendwann mit einem nicht genehmigungsfähigen Haushalt dastehen würde. Für seine Kritik an der Verwaltung fand der SPD-Chef harte Worte: „Ein Unternehmer, der in einer Lage wäre, wie es die Gemeinde Weiskirchen ist, würde sich schon bald der Insolvenzverschleppung schuldig machen.“ Viele Möglichkeiten, neue Einnahmen zu generieren oder der Gemeinde Geld zu sparen, habe die SPD-Fraktion in den vergangenen Jahren vorgeschlagen, passiert sei jedoch nichts. Nun würden die Bürger „mit hohen Steuern zur Kasse gebeten“. Den Vorschlag, Eintrittsgebühren für den Wild- und Wanderpark zu erheben, würden die Sozialdemokraten nicht mittragen. Kiefers Urteil: „Unter diesen Umständen bezweifle ich, dass wir aus dieser desolaten Haushaltslage herauskommen werden.“

Auf diese Aussagen hin setzte sich Bürgermeister Hübschen in der Sitzung zur Wehr und richtete sich später noch einmal an die SZ in einer Stellungnahme. Darin heißt es: „Parteipolitische Geplänkel, Unwahrheiten und oberlehrerhafte Spielchen sind hier völlig fehl am Platz. Einige unserer Gemeinderatsfraktionen, und hierzu gehört sicherlich auch die SPD-Fraktion, haben den Ernst der Lage unserer Gemeinde noch nicht erkannt und zeigen viel lieber mit dem Zeigefinger auf andere“, hält Hübschen fest. Außerdem betont der Rathauschef, dass die SPD-Fraktion die Mehrheit der Beschlüsse in den vergangenen Jahren im Gemeinderat mitgetragen und mit zu verantworten habe.

Zur Mäßigung rief Henry Selzer (GAL) die Ratsmitglieder auf: „Wir sollten uns jetzt nicht unter dem Druck der Verhältnisse gegenseitig Versäumnisse vorwerfen.“ Diese Versäumnisse gebe es zwar, doch Selzer gab dem Bürgermeister dahingehend recht, dass die Gemeinde im Kern ein strukturelles Problem habe. „Aber, Herr Hübschen, das strukturelle Problem ist die durch die geringe Einwohnerzahl zu kleine Steuerbasis.“ Weiter betonte Selzer, dass man unbedingt mit zwei Partnern sprechen müsse: Zum einen mit der neuen Landesregierung, um über eine Teilentschuldung der Gemeinde zu verhandeln – anders komme die Kommune aus ihren derzeitigen Schwierigkeiten nicht mehr heraus. Zum anderen schlug der GAL-Vorsitzende vor, dass man sich mit anderen saarländischen Kommunen, die sich mit ähnlichen strukturellen Problemen konfrontiert sehen, zusammenschließt und gemeinsam auf das Ziel Teilentschuldung hinarbeitet.

Gunnar Schulz (FWG) sah in der Sitzung ein strukturelles Problem nicht nur in der geringen Einwohnerzahl, sondern auch in dem Kurort-Status Weiskirchens. „Wir haben seit 50 Jahren andere finanzielle Konstellationen als andere Kommunen um uns herum – und zwar schlechtere.“ Da müsse das Land tätig werden und Schulz erklärte sich bereit, in Saarbrücken Klinken putzen zu gehen.

CDU-Fraktionschef Thorsten Willems schlug ein zusätzliches Treffen der Fraktionsvorsitzenden im Gemeinderat vor, um das weitere Vorgehen vor der Haushaltssondersitzung am Donnerstag, 12. Mai, noch detaillierter zu besprechen. Dem stimmte der Rat zu. Willems betonte zudem, dass „Container-Lösungen“ unbedingt vermieden werden müssten.

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